Rechtsextremismus:"Kuck nach Köln"

Drohbrief Uwe Schmale

Neulich im Briefkasten von Uwe Schmale: Ein Hassbrief, ein zerissener Kalender, ein Hakenkreuz.

(Foto: Uwe Schmale)

Ein Fotograf aus Bielefeld sammelt Geld für Flüchtlinge. Dafür bedrohen ihn Rechte mit dem Tod.

Von Benedikt Peters

Uwe Schmale verkauft Fotokalender und spendet den Erlös an Bedürftige, darunter auch Flüchtlinge. Am 22. Oktober, vormittags, findet der Fotograf in seinem Briefkasten einen Zettel mit einem Hakenkreuz. Er solle sofort aufhören, "Geld für die Asylanten zu sammeln". Sonst? Ganz einfach: "Kuck nach Köln", dorthin also, wo der OB-Kandidatin Henriette Reker mit einem Messer in den Hals gestochen wurde. Inzwischen ist Reker Oberbürgermeisterin - und auch Schmale will sich nicht einschüchtern lassen.

SZ: Herr Schmale, vergangenen Donnerstag fanden Sie eine Morddrohung in Ihrem Briefkasten. Wie kam es dazu?

Uwe Schmale: Meine große Leidenschaft ist das Fotografieren. In diesem Jahr habe ich mit Unterstützung der Bielefelder Stadtwerke einen Kalender gemacht, darauf zu sehen sind schöne Motive aus der Stadt. Wir wollten etwas Gutes tun - den Erlös spenden wir zu gleichen Teilen einem Flüchtlings- und einem Kinderfonds. Das haben wir ganz bewusst so gemacht, damit nicht Flüchtlinge und andere Bedürftige gegeneinander ausgespielt werden. Es lief prima, in den ersten Tagen hatten wir mehrere Hundert Stück verkauft. Dann fand ich dieses Schreiben und einen zerrissenen Kalender in meinem Briefkasten. Darauf steht: "wir zerreißen nicht nur deinen Kalender" und "Kuck nach Köln". Eine Unterschrift gab es nicht, dafür ein Hakenkreuz.

Eine klare Anspielung auf das Attentat gegen Henriette Reker. Wie gehen Sie damit um?

Ich war zuerst ziemlich geschockt, das wird jetzt langsam besser. Ein mulmiges Gefühl habe ich noch. Immerhin stand der Täter ja schon mal an meinem Briefkasten. Ich habe dann die Polizei informiert. Jetzt ermittelt der Staatsschutz in der Sache. Aber es wird wohl schwer, den Täter zu finden. Ich habe keine Ahnung, wer es gewesen sein könnte.

Warum sind Sie an die Öffentlichkeit gegangen?

Ich habe ein paar Tage gezögert, weil ich Angst hatte, dass dann vielleicht noch etwas passiert. Aber dann habe ich mir gesagt: Das darf man nicht totschweigen. Dieser Fehler ist schon zu oft gemacht worden. Wenn Rechte auf die Straße gehen, wenn sie Gewalt ausüben und Menschen bedrohen, dann muss man aufstehen und dagegenhalten.

Rechte Hetze scheint in jüngster Zeit in Deutschland zuzunehmen. Bielefeld war aber bisher nicht besonders im Fokus. Ist Rechtsextremismus ein Problem in der Stadt?

Aus meiner Sicht überhaupt nicht. Die Polizei hat zwar gesagt, neben mir würden auch andere Ehrenamtliche bedroht. Aber die Stimmung ist eigentlich eine andere. Es gab hier zwei Pegida-Demonstrationen, zu der einen kamen 19 Leute, zu der anderen überhaupt keiner. Bei den Gegendemos aber, da wurde es richtig voll. Anfang des Jahres zum Beispiel waren 15 000 Leute da, das war die größte Demo seit dem Irakkrieg. Bielefeld hat viele Flüchtlinge aufgenommen, natürlich ist das eine große Herausforderung. Aber wir sind eine bunte, weltoffene Stadt.

Eine Stadt, die jetzt eingeschüchtert ist?

Nein, auf keinen Fall. Ich jedenfalls mache weiter wie bisher. Ich will mit meinen Fotos bedürftigen Bielefeldern helfen. Ob das deutsche, türkische oder syrische Bielefelder sind, ist mir völlig egal.

Uwe Schmale

Er will weitermachen: Der Bielefelder Fotograf Uwe Schmale.

(Foto: privat)
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: