"Oldschool Society":Blut, Beil und Runen

Facebook-Seite von OSS

Viele Botschaften auf der Facebook-Seite der "Oldschool Society" sind knallrechts, aber nicht unbedingt strafbar.

(Foto: dpa)
  • Die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten ist 2014, verglichen mit dem Vorjahr, um 22,9 Prozent auf mehr als 1000 gestiegen.
  • Alarmierend sind auch die Angriffe der rechten Szene auf Flüchtlingsunterkünfte; ihre Zahl hat sich im Vergleich zu 2013 auf 175 Fälle verdreifacht.
  • Die Aufklärungsquote bei politisch motivierten Straftaten liegt mit 42,6 Prozent unter dem Durchschnitt.
  • Zumindest im Fall der "Oldschool Society" (OSS), die im Verdacht steht, eine rechtsterroristische Vereinigung gebildet und Anschläge vorbereitet zu haben, konnte ein Ermittlungserfolg verzeichnet werden.

Von Wolfgang Janisch und Tanjev Schultz

Neonazis tauschen sich gern im Internet aus, viele nutzen ganz unverhohlen und ungeschützt sogar Facebook und Youtube. So auch die Anhänger der "Oldschool Society" (OSS), die nun im Verdacht stehen, eine rechtsterroristische Vereinigung gebildet und Anschläge vorbereitet zu haben. Bei ihren Planungen sollen die Mitglieder zwar konspirativ vorgegangen sein, aber im Internet haben sie eine sichtbare Fassade gepflegt. Ihre Gesinnung haben sie dort keineswegs verborgen. Ganz offen zeigten sie ihr martialisches Wappen. Es besteht aus Runen, zwei blutverschmierten Beilen und einem Totenschädel.

Auf Youtube hat ein gewisser "Thera Peut" - möglicherweise ist dies Markus W., einer der Beschuldigten - vor sieben Monaten ein Video der "Oldschool Society" hochgeladen. Damals soll sich die Gruppe im sächsischen Frohburg südlich von Leipzig gegründet haben. Zu sehen sind Bilder von Gruppenmitgliedern sowie ein Logo mit dem Schriftzug: "OSS - Eine Kugel reicht nicht." Auch zu sehen sind Patronen, auf denen Hass, Neid und Ehre steht. Im Abspann heißt es: Starring - Andreas, Markus, Olly, Ronny, Marco, Denise, Thomas, Suse und Lukas.

Auf ihrer Facebook-Seite mit dem OSS-Totenkopflogo haben die Anhänger unter anderem Fotos von ihrer Teilnahme an einer Veranstaltung der "Hooligans gegen Salafisten" gepostet, jener Gruppe, die vergangenes Jahr in Köln durch Randale auf sich aufmerksam gemacht hatte. Im Impressum steht Andreas H.; und auf einer OSS-Website reklamiert Markus W. das Copyright. Viele Botschaften auf der Seite sind knallrechts, aber nicht unbedingt strafbar. Andreas H. warnte seine Unterstützer auch ausdrücklich davor, verbotene Nazibilder zu posten.

Der Informationsfluss in Richtung Karlsruhe war eher dünn

Offenbaren die Ermittlungen gegen die OSS eine neue Dimension des rechten Terrors in Deutschland? Zumindest dürfte der Ermittlungserfolg einer geschärften Aufmerksamkeit zu danken sein. Generalbundesanwalt Harald Range hat als Lehre aus dem NSU-Untersuchungsausschuss große Anstrengungen unternommen, um die Vernetzung mit den Sicherheitsbehörden der Länder zu verbessern.

Denn die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat zwar die zentrale Zuständigkeit für Terrorermittlungen, ist aber auf konkrete Hinweise der Generalstaatsanwälte, Kriminalämter und Verfassungsschutzbehörden in den Bundesländern angewiesen. In der Vergangenheit soll der Informationsfluss in Richtung Karlsruhe eher dünn gewesen sein. Auch im Fall des NSU war der Generalbundesanwalt nicht eingeschaltet, nachdem das Trio Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos 1998 untergetaucht war und die Polizei eine Garage voller Sprengstoff und Propaganda gefunden hatte.

Diesmal, so wirkt es, ist es besser gelaufen: Ausgangspunkt der Ermittlungen seien Erkenntnisse der Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern gewesen. Die Razzia zeige, wie eng die Behörden zusammenarbeiten, lobte Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sich selbst und seine Kollegen.

Die Aufklärungsquote liegt bei lediglich 42,6 Prozent

Die OSS-Umtriebe passen in das bedrückende Bild, das die polizeiliche Kriminalstatistik zeichnet. Die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten ist 2014, verglichen mit dem Vorjahr, um 22,9 Prozent auf mehr als 1000 gestiegen. Insgesamt wurden bundesweit 17 020 rechtsextrem motivierte Straftaten registriert. Darunter fallen außer den Gewalttaten vor allem Propagandadelikte wie das Zeigen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Die Aufklärungsquote bei politisch motivierten Straftaten liegt bei lediglich 42,6 Prozent und damit unter dem Durchschnitt. Opferverbände verweisen außerdem auf die hohe Dunkelziffer, die es allerdings auch auf anderen Kriminalitätsfeldern gibt. Sie beklagen zudem, dass die Behörden oft sehr zurückhaltend damit sind, eine Tat als politisch rechts motiviert einzustufen. Es gibt eine Reihe ungeklärter Anschläge, deren Hintergrund bis heute umstritten ist.

Alarmierend sind auch die Angriffe der rechten Szene auf Flüchtlingsunterkünfte; ihre Zahl hat sich im Vergleich zu 2013 auf 175 Fälle verdreifacht. Nach einem leichten Rückgang im Vorjahr stieg 2014 auch wieder die Zahl der antisemitischen Straftaten: um 25 Prozent auf jetzt 1596 Fälle. "Die Zahlen stimmen mich sehr nachdenklich", sagt Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Vermehrt würden Asylbewerber und Flüchtlingsunterkünfte angegriffen. Auch die OSS soll dies geplant haben. Bei der Razzia hat die Polizei größere Mengen Sprengmaterial gefunden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: