Querelen nach dem Linken-Parteitag:Führende Linkspolitiker beschwören Einheit

Wurde die Ost-Linke abserviert? Führende Parteigenossen versuchen diesen Eindruck nach der Wahl von Kipping und Riexinger zu zerstreuen. Die Führung bilde die Partei in "ihrer ganzen Breite ab", sagt die neue Chefin. Widerspruch kommt von Fraktionschef Gysi. Der politische Gegner sieht in der Niederlage der Reformer eine Chance: SPD-Konservative umwerben Dietmar Bartsch.

Nach ihrem Parteitag in Göttingen haben führende Vertreter der Linken die Einheit ihrer Partei beschworen. Die neue Parteichefin Katja Kipping wies in der Leipziger Volkszeitung die Auffassung in ostdeutschen Parteikreisen zurück, mit der Wahlniederlage des ostdeutschen Kandidaten Dietmar Bartsch vom Reformflügel sei der traditionelle Ost-Teil der Linken abserviert worden. Die 34-Jährige war zusammen mit Bernd Riexinger an die Spitze gewählt worden. Die neue Führung bilde die Partei "in der ganzen Breite ab", sagte sie.

Dem widersprach indirekt Fraktionschef Gregor Gysi. In der ARD-Sendung Bericht aus Berlin sagte er, die ostdeutschen Mitglieder könnten ihre Ansprüche nur schlecht artikulieren und sie "noch schlechter durchsetzen". Aber er glaube, "dass sie das jetzt lernen werden". Vielen sei während des Parteitags klargeworden, "wie ernst die Situation ist".

Die neue stellvertretende Vorsitzende der Linken, Caren Lay, sieht in Bartschs Niederlage hingegen keine Schwächung der ostdeutschen Landesverbände. "Katja Kipping ist auch eine ostdeutsche Politikerin", sagte Lay im ARD-Morgenmagazin. Die Einschätzung, dass der Osten "abgemeiert" wurde, teile sie nicht.

Auch der frühere Vorsitzende Oskar Lafontaine wiegelt ab. Der Passauer Neuen Presse sagte er, die neue Spitze repräsentiere gut die unterschiedlichen Strömungen innerhalb der Linken. "Alle persönlichen Befindlichkeiten" müssten nun zurückgestellt werden. Die Linke sei inhaltlich eine geeinte Partei. Bei Bedarf wolle er durch persönlichen Einsatz im Osten dafür sorgen, dass die Linkspartei wieder Zulauf und Erfolge erringen könne, sagte er.

Mit dem Parteitag begann in der Linken auch die Diskussion um die Spitzenkandidatur für die bevorstehende Bundestagswahl. "Der Schlüssel zum Erfolg ist für uns eine Kultur der Offenheit und ein Gestus: Fragend schreiten wir voran", sagte Kipping. Die neue Parteiführung wolle mit einer Vorstellungstour durch alle Landesverbände und der "Kunst des Zuhörens" um Vertrauen werben. Kipping äußerte sich hoffnungsvoll, dass unter anderem Lafontaine, der Bundestagsfraktionsvorsitzende Gysi und Parteivize Sahra Wagenknecht "eine wichtige Rolle spielen". Gysi sagte der Leipziger Volkszeitung: "Ich werde noch mal mit Oskar reden."

Lafontaine gab den beiden aber bereits einen Korb. "Diese Frage habe ich definitiv beantwortet", sagte er der Passauer Neuen Presse. Lafontaine hatte bei seinem Verzicht auf eine erneute Kandidatur für den Parteivorsitz erklärt, er wolle nicht Spitzenkandidat werden. Lafontaine warnte vor weiteren Personaldiskussionen. Selbstverständlich könne auch der bei der Wahl zum Vorsitzenden unterlegene Bundestagsfraktionsvize Dietmar Bartsch künftig eine Rolle spielen. Wagenknecht zeigte sich zugeknöpft. "Diese Frage ist für mich offen", sagte sie der Leipziger Volkszeitung.

Der Verlierer des Göttinger Parteitags, Bartsch, wird unterdessen von der SPD umworben. Die Konservativen des Seeheimer Kreises ermuntern ihn zum Parteiwechsel. "Ich würde mich sehr freuen, Sie in der SPD begrüßen zu können. Es wäre ein Gewinn für die SPD und für die Politik in Deutschland", sagte Johannes Kahrs Handelsblatt Online. Er rief Bartsch auf, nicht länger die Flügelkämpfe innerhalb der Linken zu erdulden. "Die SPD ist die starke linke Volkspartei, gestalten Sie mit uns aktiv den Wechsel 2013."

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