Politik kompakt:Überraschung am Hindukusch

Bundespräsident Horst Köhler ist zu einem Überraschungsbesuch in Afghanistan eingetroffen. Es ist seine erste Reise zu den deutschen Soldaten am Hindukusch. Kurzmeldungen im Überblick.

Bundespräsident Horst Köhler ist überraschend zu einem Besuch deutscher Soldaten in Afghanistan eingetroffen. Er kam am Freitag mit seiner Ehefrau im Bundeswehr-Feldlager im nordafghanischen Masar-i-Scharif an. Er wolle mit seinem Besuch den Soldaten die Unterstützung Deutschlands für ihren Einsatz mitteilen, sagte er.

Horst Köhler in Afghanistan; dpa

Der Bundespräsident in Afghanistan: Horst Köhler machte auf dem Rückflug von der Weltausstellung in Shanghai einen Abstecher.

(Foto: Foto: dpa)

Köhler machte auf dem Rückflug von der Weltausstellung in Shanghai einen Abstecher. Sein Besuch war aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt worden. Es ist die erste Reise eines deutschen Staatsoberhauptes nach Afghanistan seit mehr als 40 Jahren. Zuletzt war im März 1967 Bundespräsident Heinrich Lübke in Afghanistan.

Der Bundespräsident und seine Frau gingen im Bundeswehr-Feldlager zum Ehrenhain für getötete Soldaten, verneigten sich dort und hielten im Gedenken inne.

Der Bundespräsident hat sich bislang nur selten zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan geäußert: Wenige Tage nach dem Luftschlag in Kundus sagte er, die Bundeswehr sei "zu einer Armee im Kampf" geworden. Am Tag vor seinem Besuch war die Bundeswehr in Nordafghanistan gleich zweimal angegriffen worden.

Die Piusbruderschaft macht Homosexualität für den Missbrauch in der katholischen Kirche verantwortlich, die USA kündigen nach dem Torpedo-Angriff Konsequenzen für Nordkorea an und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle verlangt auch Einsparungen im Etat des Arbeitsministeriums: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Ex-Gesundheitsministerin Fischer soll Missbrauch aufklären

Die katholische Kirche verstärkt ihre Bemühungen zur Aufklärung der Missbrauchsskandale. Der Jesuitenorden schaltete die frühere Grünen-Ministerin Andrea Fischer ein. Nach Kritik von Opfern an der Missbrauchsbeauftragten Ursula Raue sei die frühere Bundesgesundheitsministerin gebeten worden, eine "zweite Meinung" zu erarbeiten, sagte der Rektor des Berliner Canisius-Kollegs, Klaus Mertes. Fischers Bericht werde im Juni erwartet.

"Ich werde auf Bitten von Betroffenen und des Ordens in den kommenden Wochen ein zweites Gutachten zu den Missbrauchsfällen in Berlin erstellen", sagte Fischer der Berliner Morgenpost online. In der Wochenzeitung Die Zeit hatten zuvor drei Betroffene die bisherige Missbrauchsbeauftragte Raue als "überfordert" kritisiert.

Anfang des Jahres war öffentlich geworden, dass an deutschen Jesuitenschulen in Berlin, Bonn, Hamburg und Sankt Blasien Schüler bis in die 80er Jahre hinein misshandelt und sexuell missbraucht worden waren.

Piusbrüder: Homosexualität für Missbrauch verantwortlich

Die erzkonservative Piusbruderschaft macht Homosexualität für den Missbrauchsskandal verantwortlich, der die katholische Kirche seit Monaten beschäftigt. Wie der Generalobere der Bruderschaft, Bischof Bernard Fellay, in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel äußerte, seien die Opfer nahezu ausschließlich Jungen im geschlechtsreifen Alter gewesen. Dies zeige deutlich, dass nicht etwa der Zölibat, sondern vielmehr eine homosexuelle Veranlagung der jeweiligen Täter der Grund sei für den sexuellen Missbrauch. Fellay forderte daher, ab sofort Homosexuelle vom Priesteramt fernzuhalten.

Der Vatikan lehnt Homosexuelle als Priester schon länger ab. In einem heftig diskutierten Papier der vatikanischen Bildungskongregation stellte der Heilige Stuhl zuletzt 2008 unmissverständlich klar, dass sich Homosexuelle zwar zum Priesteramt berufen fühlen dürfen, dies aber nicht ausüben sollten.

Erst vor wenigen Wochen hatte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone mit Zitaten aus Studien, die einen Zusammenhang zwischen Homosexualität und Pädophilie sehen, einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.

USA kündigen nach Torpedo-Angriff Konsequenzen für Nordkorea an

Nach den Untersuchungsergebnissen zum Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffes Cheonan muss Nordkorea nach Angaben der US-Regierung mit Konsequenzen rechnen. Der mutmaßlich von Pjöngjang ausgeführte Torpedo-Angriff auf das Schiff sei ein "grundloser und unberechtigter" Akt gewesen und werde "definitiv Konsequenzen" haben, sagte US-Außenamtssprecher Philip Crowley in Washington. "Das war eine ernsthafte Provokation."

Über die Art der Konsequenzen und mögliche Sanktionen wollte sich Crowley zunächst nicht äußern. US-Verteidigungsminister Robert Gates erklärte, das Pentagon stehe in "engem Kontakt" mit Seoul, um eine Antwort auf den Angriff Pjöngjangs vor knapp zwei Monaten vorzubereiten. Letztlich sei es aber an Südkorea, zu entscheiden, wie fortgefahren werden solle. US-Generalstabschef Mike Mullen sagte in Washington, derzeit befänden sich die in Südkorea stationierten US-Truppen in "normaler" Bereitschaft.

Die Cheonan war am 26. März nach einer Explosion an der umstrittenen Seegrenze im Gelben Meer auseinandergebrochen und gesunken. Ein internationales Ermittlerteam kam zu dem Schluss, dass alles auf einen nordkoreanischen Torpedo-Angriff hinweise. Pjöngjang wies jedoch jede Schuld von sich.

Brüderle fordert Arbeitsministerium zum Sparen auf

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle verlangt Einsparungen im Etat des Arbeitsministeriums. Der FDP-Politiker regte eine Schuldenbremse nach dem Vorbild des deutschen Haushalts für die Bundesagentur für Arbeit an. So könnte die Behörde auf konjunkturelle Schwankungen reagieren, sagte Brüderle der Stuttgarter Zeitung. Mit Ausnahme von Bildung und Zukunftsinvestitionen dürfe es keine Tabus beim Sparen geben.

Unionsfraktions-Chef Volker Kauder forderte indes ein Gesamtpaket statt einzelner Sparvorschläge. Das müsste gemeinsam vertreten werden, sagte Kauder der Saarbrücker Zeitung.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte seine Kabinettskollegen zuvor zu einem strikten Sparkurs gedrängt. Praktisch ausgenommen von Schäubles Sparrunde ist nach einer Vorlage aus dem Finanzministerium jedoch das Arbeitsministerium. Ressortchefin Ursula von der Leyen verwaltet den mit Abstand größten Etat.

Versöhnungsschritte in Thailand angekündigt

Nach der gewaltsamen Beendigung der Anti-Regierungsproteste in Bangkok hat Thailands Regierungschef Versöhnungsschritte angekündigt. Die Regierung werde Pläne vorlegen, um Demokratie und Gerechtigkeit unter Beteiligung aller Gesellschaftsschichten sicherzustellen, sagte Präsident Abhisit Vejjajiva in einer Fernsehansprache. Er machte aber keine Angaben darüber, ob das auch die von den Rothemden geforderten Neuwahlen einschließt. "Wir haben die Ordnung in Bangkok und den Provinzen wieder hergestellt", sagte Abhisit. "Es liegen riesige Herausforderungen vor uns, besonders die Überwindung der tiefen Gräben, die sich in unserem Land aufgetan haben."

Mit einer Militäroffensive gegen die seit mehr als zwei Monaten in Bangkok demonstrierenden Rothemden hatte die Armee das besetzte Stadtviertel geräumt. Enttäuschte Rothemden zogen anschließend durch die Straßen und setzten mindestens 35 Gebäude in Brand, darunter das mehrstöckige Einkaufszentrum Central World, das völlig ausbrannte und teilweise einstürzte. Insgesamt kamen innerhalb einer Woche 52 Menschen ums Leben - die meisten wurden erschossen. Mehr als 400 Personen wurden verletzt.

Franzosen verabschieden sich aus Saarburg

Mit einer Militärparade haben sich die Franzosen von ihrem letzten deutschen Standort Saarburg verabschiedet. Rund 600 Soldaten des 16. Jägerbataillons marschierten ein letztes Mal in der rheinland-pfälzischen Kleinstadt auf, bevor ihre Einheit ins französische Bitche verlegt wird. Das französische Militär war seit 1945 in Saarburg stationiert, das Bataillon seit 42 Jahren. Mit den insgesamt 1200 Soldaten verlassen auch 800 Familienangehörige die Stadt. Saarburg war der letzte rein deutsche Standort des französischen Militärs.

Prüfung der Mitschuld britischer Geheimdienste an Folter

Die britische Koalitionsregierung will einen Richter mit der Untersuchung einer möglichen Mitschuld der Geheimdienste an der Folterung von Terrorverdächtigen betrauen. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart worden, eine von einem Richter geleitete Untersuchung zu den Vorwürfen zu beginnen, sagte der neue Außenminister William Hague in der BBC. In "naher Zukunft" werde es Ergebnisse geben.

Die Anschuldigungen richten sich sowohl gegen den Inlandsgeheimdienst MI5 als auch den Auslandsgeheimdienst MI6. Bekanntester unter mehr als 20 Fällen ist der des Äthiopiers Binyam Mohamed, der 2002 in Pakistan festgenommen wurde. Während eines von US-Ermittlern geleiteten Verhörs kurz nach seiner Festnahme musste Mohamed eigenen Angaben zufolge in einem Gefängnis unter anderem Schlafentzug und massive Drohungen gegen sein Leben über sich ergehen lassen. Dabei soll ein MI5-Agent in dem Verhör die Fragen gestellt haben.

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