Pannen der Bundeswehr in Afghanistan (3):Ramponierte Rechner, teure Telefonate

Ein gut funktionierender Kontakt in die Heimat ist für das seelische Gleichgewicht der Soldaten unerlässlich. Doch technische Mängel erschweren den Kontakt in die Heimat.

Peter Blechschmidt

E.T., der zerknitterte Außerirdische aus dem berühmten Kinofilm, wollte immer "nach Hause telefonieren". Bundeswehr-Soldaten im Afghanistan-Einsatz kommen sich im fremden Land manchmal auch wie Außerirdische vor; auf jeden Fall wollen sie oft nach Hause telefonieren.

Bundeswehrsoldaten nach Afghanistan verabschiedet

Bundeswehrsoldaten haben oft mit technischen Problemen zu kämpfen - vor allem in der Kommunikation mit der Heimat.

(Foto: dapd)

Die Möglichkeit dazu aber empfinden viele Soldaten als unzureichend und zu teuer - eine Klage, die Besucher jedweden Ranges immer wieder zu hören bekommen. "In nahezu allen Gesprächsrunden" sei die Kommunikation mit Deutschland bemängelt worden, schreibt der Wehrbeauftragte des Bundestags Hellmut Königshaus in dem jüngsten Erfahrungsbericht über seine Truppenbesuche in Afghanistan. "Kritisiert wurde insbesondere die schlechte Qualität bei überhöhten Preisen."

Ein gut funktionierender Kontakt in die Heimat ist für das seelische Gleichgewicht der Soldaten unerlässlich. Gerade bei einem Einsatz wie in Afghanistan, wo es ständig zu Gefechten kommt und Männer verwundet oder gar getötet werden, wollen die Soldaten ihre Familien schnell und zuverlässig auf dem Laufenden halten und ihrerseits den nötigen Zuspruch einholen.

Die Soldaten sind Leidtragende eines großen Schwarze-Peter-Spiels. Am einfachsten wäre es, die Bundeswehr würde die Kommunikation sicherstellen oder zumindest dafür bezahlen. Doch zuständig für Bereitstellung und Betrieb von privaten Telefon- und Internetverbindungen ist ein kommerzielles Unternehmen, die Firma KB Impuls mit Sitz im Ortsteil Amerika des sächsischen Städtchens Penig. Deren Vertreter Frank Sander weist nicht zu Unrecht darauf hin, dass sich die hohen Investitions- und Betriebskosten für seine Firma rechnen müssten. Den Vorwurf der "Abzocke", den viele Soldaten erheben, weist Sander zurück. KB sei konkurrenzlos billig. "Ohne Mischkalkulation könnten wir uns das Bundeswehr-Geschäft gar nicht leisten", sagt Sander.

Der Vertrag zwischen KB Impuls und der Bundeswehr stammt aus dem April 2001, als noch niemand an einen Einsatz in Afghanistan gedacht hat, schon gar nicht an ein Engagement dieses Umfangs und dieser Länge. Erst im Frühjahr dieses Jahres wurde die Vereinbarung - laut Sander nach langem Drängen durch KB und vielen Verzögerungen wegen ständig wechselnder Ansprechpartner bei der Bundeswehr - modifiziert. KB Impuls verpflichtete sich, mehr und leistungsfähigere Verbindungen in Afghanistan bereitzustellen. Eine Neuausschreibung des Vertrags im Jahr 2009 war ergebnislos geblieben, weil kein Anbieter KB hatte ersetzen wollen.

Sander räumt ein, dass an Standorten wie Feisabad oder Kundus in Nordafghanistan derzeit die vertraglich zugesicherte Zahl von Rechnern und Internet-Anschlüssen nicht vorhanden ist. Daran sei aber im Wesentlichen die Bundeswehr schuld. Im ohnehin überfüllten Feldlager in Kundus sei kein Platz für ein zweites Internet-Cafe. Defekte Rechner in Feisabad könnten nicht ausgetauscht werden, weil die Bundeswehr keine Transportmöglichkeit zur Verfügung stelle.

Die Soldaten schauen unterdessen auf ihre Kameraden aus Belgien, Kroatien oder Kanada, die kostenlos im Internet surfen dürfen oder zumindest über großzügige Freikontingente verfügen. Wenn Soldaten dabei erwischt werden, wie sie auf Dienstleitungen telefonieren oder surfen, drohen ihnen die Zurückversetzung in die Heimat und der Verlust der Einsatzmedaille. Die Bundeswehr argumentiert, der mittlerweile auf 110 Euro pro Tag erhöhte sogenannte Auslandsverwendungszuschlag diene auch dazu, die Kosten der privaten Kommunikation zu tragen. Sander wiederum verweist darauf, dass die Bundesrepublik als einziges der in Afghanistan engagierten Länder von seinen Soldaten beim Telefonieren auch noch die Mehrwertsteuer verlange.

So wird der Schwarze Peter hin- und hergeschoben. Die Bundeswehr weiß zwar um die vielen Klagen, unternimmt aber nicht wirklich etwas. "Einschränkungen in der Betreuungskommunikation werden jedoch sehr ernst genommen", versichert das Verteidigungsministerium. Nicht zuletzt deshalb habe man zum 1. Juli 2011 den Vertrag über die Telefonversorgung neu ausgeschrieben. Das heißt aber auch, dass sich am Prinzip des privaten Betreibers nichts ändern soll.

Derweil haben die Soldaten gegenüber dem Wehrbeauftragten Königshaus eine andere Idee entwickelt: Man könne doch einen Sponsor suchen, nach dem angelsächsischen Motto Support our troops (Unterstützt unsere Truppen). E.T. könnte ja dann als Maskottchen dienen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: