Normandie:Angreifer auf französische Kirche trug Fußfessel

  • Zwei Bewaffnete haben in einer Kirche in Saint-Étienne-du-Rouvray mehrere Menschen als Geiseln genommen und einen getötet.
  • Anschließend wurden sie von der Polizei erschossen. Einer der beiden Täter war den französischen Behörden bekannt. Gegen ihn lief ein Terrorverfahren, er stand unter Aufsicht der Justiz und trug eine Fußfessel.
  • Präsident Hollande bezeichnete die Geiselnahme als "terroristischen Anschlag", die beiden Täter hätten sich zum IS bekannt.

In einer Kirche in der nordfranzösischen Kleinstadt Saint-Étienne-du-Rouvray haben zwei mit Messern bewaffnete Täter mehrere Menschen als Geiseln genommen. Einen 85-jährigen Priester töteten sie. Laut Staatsanwaltschaft handelte es sich bei den Geiseln um sechs Personen: den Priester, drei Ordensschwestern und zwei Gläubige.

Die beiden Täter waren während einer Messe gegen 9:25 Uhr über einen Hintereingang eingedrungen. Beim Verlassen der Kirche hätten sie sich mit dem Ruf "Allahu akbar" ("Gott ist groß") auf die Sicherheitskräfte gestürzt, berichtet der Staatsanwalt François Molins am Abend in einer Pressekonferenz. Einer der Täter trug demnach einen falschen Sprengstoffgürtel um den Bauch und hatte drei Messer dabei. In einem Rucksack fand die Polizei eine Sprengstoffattrappe. Die Angreifer wurden gegen elf Uhr von Polizisten der französischen BRI-Spezialeinheit erschossen.

Anklageverfahren gegen 19-Jährigen

Einer der Angreifer stand in einem laufenden Ermittlungsverfahren wegen Terrorverdachts unter Aufsicht der Justiz und trug eine elektronische Fußfessel. Zum Zeitpunkt der Tat sei sie wie jeden Morgen deaktiviert gewesen. Der 19-Jährige habe 2015 zweimal versucht, nach Syrien zu reisen, sagt Staatsanwalt Molins. Er wurde einmal in Deutschland, einmal in der Türkei gestoppt und festgenommen. In Frankreich wurde daraufhin ein Anklageverfahren eröffnet und Untersuchungshaft angeordnet. Im März dieses Jahres wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen und unter Hausarrest gestellt. Laut Molins hatte er aber die Erlaubnis, unter der Woche vormittags und am Wochenende nachmittags das Haus zu verlassen. Der von der Polizei erschossene Angreifer wurde anhand seiner Fingerabdrücke eindeutig identifiziert. Die Identifizierung des zweiten mutmaßlichen Terroristen sei noch nicht abgeschlossen, sagt Molins. Ein Minderjähriger sei zudem in Polizeigewahrsam.

Die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat die tödliche Attacke für sich in Anspruch genommen. Die beiden Angreifer seien "Soldaten des Islamischen Staates" gewesen, lies Amaq verlautbaren - ein Dienst, der Nachrichten und Propaganda des IS verbreitet.

Normandie: Saint-Étienne-du-Rouvray in der Normandie

Saint-Étienne-du-Rouvray in der Normandie

(Foto: Google Maps)

Valls spricht von "barbarischer Attacke"

Saint-Étienne-du-Rouvray liegt wenige Kilometer südlich von Rouen und gut 100 Kilometer nordwestlich von Paris. Es gehört zum Département Seine-Maritime in der Region Normandie. Sowohl Innenminister Bernard Cazeneuve als auch Staatschef François Hollande kamen zum Tatort. Premierminister Manuel Valls sprach auf Twitter von einer "barbarischen Attacke".

Hollande bezeichnete die Geiselnahme als "terroristischen Anschlag". Die beiden "Terroristen" hätten sich zum IS bekannt, sagte Hollande. Frankreich, das einmal mehr auf die Probe gestellt werde, müsse den "Krieg" gegen den IS mit allen Mitteln führen, sagte er am Ort des Attentats.

Papst Franziskus verurteilte die Geiselnahme als "sinnlose Gewalt". Er bete für die Opfer. "Der Papst ist informiert und nimmt teil am Schmerz und am Grauen dieser sinnlosen Gewalt und verurteilt jede Form von Hass auf das Schärfste", erklärte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. "Wir sind besonders betroffen, weil die barbarische Ermordung eines Priesters und die Geiselnahme von Gläubigen in einer Kirche stattgefunden haben, also einem heiligen Ort, an dem die Liebe Gottes verkündet wird", sagte er. Die Geiselnahme sei eine "neue schreckliche Nachricht". "Sie schließt sich leider an eine Serie von Gewalt an, die uns in diesen Tagen erschüttert und für unermesslichen Schmerz und Kummer gesorgt hat."

Frankreich war in den vergangenen eineinhalb Jahren immer wieder Ziel schwerer Anschläge. Zuletzt tötete ein 31-Jähriger 84 Menschen, als er am Nationalfeiertag mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge auf dem Strandboulevard von Nizza raste. Die Polizei erschoss den Mann. Seit den Pariser Terrorattacken vom 13. November 2015 gilt im Land der Ausnahmezustand, in Paris patrouilleren teilweise schwer bewaffnete Soldaten.

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