Neues Videomaterial:Prozess gegen Jugendpfarrer König ausgesetzt

Lothar König Pfarrer Prozess Jena

Mehr Videomaterial - der Prozess gegen Pfarrer Lothar König ist erst einmal geplatzt.

(Foto: dpa)

Der Prozess gegen den Jenaer Stadtjugendpfarrer Lothar König wird auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Grund ist Ende Juni aufgetauchtes Videomaterial. Es könnte den 59-Jährigen, der 2011 an einer Anti-Neonazi-Demonstration teilgenommen hatte, vom Vorwurf des Landfriedensbruchs entlasten.

Der Prozess gegen den Jenaer Stadtjugendpfarrer Lothar König ist vorerst geplatzt. Das Amtsgericht Dresden entschied überraschend, das Verfahren neu aufzurollen.

Grund sind Ende Juni aufgetauchte Rohdaten von Bild- und Tonaufnahmen der Demonstrationen gegen einen Neonazi-Aufmarsch. Es soll sich um 200 Stunden Material handeln. Die Aufnahmen enthalten nach Angaben der Verteidigung Szenen, die König von den Vorwürfen der Anklage entlasten. Diese Aufnahmen müssten gesichtet werden. Das könne vier bis sechs Monate dauern, sagte eine Gerichtssprecherin. "Es geht wieder ganz von vorne los", fügte sie hinzu.

Königs Verteidiger hatte zuvor Polizisten der Fälschung bezichtigt, die an der Erstellung jenes Videomaterials beteiligt waren, auf das sich die Anklage stützt. Sie hätten Sequenzen manipulativ zusammengeschnitten. Das sei bei einer ersten Sichtung des nun vorgelegten Rohmaterials bereits sehr deutlich geworden.

Nachdem der Vorsitzende Richter das von Königs Anwälten bereit gestellte Roh-Video im Gerichtssaal hatte vorführen lassen, schloss sich auch die Staatsanwältin dem Antrag der Verteidigung auf Aussetzung des Prozesses an.

Der evangelische Pfarrer König hatte im Februar 2011 in Dresden an einer Demonstration gegen einen Aufmarsch Rechtsextremer teilgenommen. Dabei soll er zu Gewalt gegen Polizisten aufgerufen haben.

Thierse zeigt sich solidarisch

Der 59-Jährige musste sich seit Anfang April vor dem Dresdner Amtsgericht verantworten - wegen schweren Landfriedensbruchs, versuchter Strafvereitelung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. König selbst hatte die Vorwürfe stets bestritten.

"Ich predige keinen Hass und keine Gewalt", sagte der Pfarrer. Es sei eine Menschenpflicht, nicht wegzuschauen. Für ihn habe das Verfahren eine grundgesetzliche Dimension, da es Demonstrationsrechte und Meinungsfreiheit insgesamt infrage stelle.

Darüber, ob die Anklage Königs überhaupt gerechtfertigt war, gab es Diskussionen. Am Montag erhielt der Geistliche prominente Unterstützung aus der Politik. "Ich bin solidarisch mit Lothar König", sagte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD). "Es geht um die Frage, ob hier ein Vorgang der Einschüchterung stattfindet oder ein Vorgang der Ermutigung." Mutiges Engagement gegen Rechtsextremismus sei für den Erhalt der Demokratie unentbehrlich.

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