US-Wahl und die Folgen:Was will Trump mit Putin erreichen?

  • Auch mit Trump als Präsidenten der USA wird sich das Verhältnis zu Russland nicht notwendigerweise entspannen: Der Milliardär hat widersprüchliche Aussagen zu seinen diesbezüglichen Plänen gemacht und auch mit militärischer Reaktion gedroht.
  • Putin gratuliert Trump in einem Schreiben zum Wahlsieg.
  • Dem russischen Präsidenten ist Trump wesentlich lieber als Clinton: Mit Trump werde man sich schon arrangieren, heißt es in den staatlichen Medien.

Von Julian Hans, Moskau

Persönlich begegnet sind sich Donald Trump und Wladimir Putin nie. Trotzdem haben sie sich im vergangenen halben Jahr via Medien nach Kräften gegenseitig Komplimente gemacht. Putin attestierte Trump eine "strahlende Persönlichkeit"; wenn der Kandidat der Republikaner die Beziehungen zu Russland wieder in Ordnung bringen wolle, könne er das aus Moskauer Sicht doch nur begrüßen. Trump seinerseits nannte Putin einen "starken Führer", der in der Welt geachtet werde.

In seinem Gratulationsschreiben an den Wahlsieger äußerte Putin die Hoffnung, die russisch-amerikanischen Beziehungen aus der Krise zu führen und "effektive Antworten auf Fragen der globalen Sicherheit zu finden". Ein konstruktiver Dialog nach den Prinzipien der Gleichberechtigung und gegenseitiger Achtung sei im Interesse beider Länder und der ganzen Weltgemeinschaft, hieß es in einer Mitteilung, die der Kreml am Morgen veröffentlichte.

Ein neues Zeitalter der russisch-amerikanischen Freundschaft bricht mit einem Präsidenten Trump deshalb noch lange nicht an. Während des Wahlkampfs hat er zwar angedeutet, dass er sich bisher als unverrückbar geltenden Grundsätzen amerikanischer Außenpolitik nicht verpflichtet fühlt. Und dass er bereit sein könnte, westliche Positionen preiszugeben, so etwa die unbedingte Beistandspflicht der Nato: Sollte Russland die baltischen Staaten angreifen, müssten die erst einmal sagen, was sie eigentlich bisher für die Nato geleistet haben, bevor sich Amerika für sie einsetzt.

Trump drohte auch schon, russische Flugzeuge abschießen zu lassen

In den vielen widersprüchlichen Aussagen Trumps findet sich aber auch deutlich härtere Rhetorik gegenüber Moskau, als sie etwa von Barack Obama zu hören war. Im Mai erklärte er, sollten - wie zuletzt öfter geschehen - russische Kampfjets amerikanischem Militär zu nahe kommen, werde er den Befehl geben, sie abzuschießen. Wenn Putin sich nicht überzeugen lasse, das zu stoppen, gelte: Feuer frei.

In einem Wahlkampfclip, den Trump Anfang des Jahres im Internet veröffentlichte, werden Putin und der "Islamische Staat" als die größten Bedrohungen für die Vereinigten Staaten gleichgesetzt. Auch Moskaus Vorgehen gegen die Ukraine hat Trump kritisiert, gleichzeitig aber klargemacht, dass ihn das nicht besonders interessiert, schließlich sei das ein europäisches Problem. Die EU und zuallererst Angela Merkel könnten im Ringen mit Putin um eine Lösung des Ukraine-Konflikts also in Zukunft alleine dastehen.

Die russischen Staatssender müssen neue Schuldige finden

In Moskau ist man zunächst einmal froh, Hillary Clinton los zu sein. Mit Trump werde man sich schon arrangieren, so ist der Tenor in den staatlichen Medien. Was Trump bringt, ist nicht klar, weder hat er ein stringentes außenpolitisches Programm vorgelegt, noch weiß man überhaupt, wer ihn in außenpolitischen Fragen berät.

Damit kann Wladimir Putin umgehen. Langfristig ausgelegte und multilateral ausbalancierte Übereinkommen sind seine Stärke nicht. Dafür taktiert er meisterlich aus der Situation heraus. Ob Donald Trump ihm dabei gewachsen ist, muss sich zeigen. Beiden ist gemeinsam, dass ihnen eine pragmatische Einigung unter Männern bisweilen mehr gilt als dauerhafte Verträge. Bündnisverpflichtungen können dabei manchmal nur stören. Das jedenfalls bedeutet eine Kehrtwende im Umgang: Obama hatte direkte Treffen mit Putin gemieden. Dass die Großmächte die Dinge direkt unter sich regeln, ist seit langem das Bestreben Moskaus. Kleinere und schwächere Staaten müssen sich dabei auf harte Zeiten einstellen.

Bei Clinton wusste der Kreml dagegen ziemlich genau, was ihn erwartete. Sie war nicht nur eine Befürworterin des Militäreinsatzes in Libyen, sondern hatte auch mehr US-Engagement in Syrien gefordert - auf beides reagiert Moskau empfindlich. Ebenfalls nicht vergessen hat Putin, wie Clinton auf die Massenproteste gegen gefälschte Wahlen und seine Rückkehr auf den Posten des Präsidenten reagierte. Die US-Außenministerin forderte damals "faire, freie und transparente Wahlen und Politiker, die ihnen verantwortlich sind". In Moskau verstand man das als Einmischung - und als Beleg dafür, dass die Proteste von Washington gesteuert wurden: Moskau als letztes Ziel in einer langen Reihe von Amerika initiierter Revolutionen.

Diese Gefahr scheint nun gebannt und die Staatssender müssen wohl neue Schuldige finden, sollte es in Zukunft in Russland oder in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken zu Protesten gegen korrupte Politiker kommen.

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