Meine Presseschau:Baby-Shower auf Britisch

Kaum ist das royale Baby geboren, schon ist es Zielschiebe für rassistische Angriffe. Man freut sich mehr über den Fußball als über den Nachwuchs im Königshaus.

Von Cathrin Kahlweit

Der großen Freude über das royale Baby, über dessen Geburt das ganze Land ebenso jubelte, wie es über den wenig königlichen Namen indigniert war, folgte umgehend die mediale Ernüchterung. Meghan, die Duchess of Sussex, ist schon seit ihrer Verlobung mit Prinz Harry Zielscheibe rassistischer Anwürfe, aber nun twitterte der populäre BBC-Moderator Danny Baker ein Bild, auf dem ein elegantes Paar ein Krankenhaus verlässt - gemeinsam mit einem Schimpansen. "Königliches Baby verlässt das Krankenhaus", schrieb er dazu. Baker wurde umgehend gefeuert, die Reaktionen auf den Tweet aber waren merkwürdig verhalten. Sein Humor sei offenbar aus der Zeit gefallen, merkt der Guardian an. Die Times kommentiert, Baker sei sicher kein Rassist, und der Telegraph sprach von "doppelten Standards" bei der BBC.

Mit Meghan geht man weniger vorsichtig um: Die Daily Mail und die Sun melden, sie habe ihr Kind offenbar nach ihrer toten Katze benannt. Die Blätter berufen sich auf nicht namentlich genannte Freunde der US-Amerikanerin. Die Mail weiß sogar, dass das Tier an Verfettung starb, weil Meghan es mit "eisgekühlten Weintrauben" gefüttert habe. Auf den Hinweis, dass dies keine guten Auspizien für das Baby seien, verzichtet das Blatt dankenswerterweise.

Eindeutiger ist die Begeisterung in britischen Blättern über den Scoop, dass gleich vier Teams in den Top-Fußball-Finals stehen. Dass die Premier League eben viel Geld für viele gute Spieler habe, ist die evidente Erklärung. Im Evening Standard heißt es außerdem, man könne von Liverpool-Coach Jürgen Klopp lernen, wie man siegt. Er sei ein Fan von "Heavy-Metal-Fußball", also von Geschwindigkeit, maximalem Einsatz und schnellen Reaktionen. Und er habe keine Angst vor Niederlagen, sondern handele nach der Devise: Wenn etwas schiefgelaufen ist, aufstehen, besser machen. Klopp wäre, findet die Autorin, ein super Chef in jedem Büro in der City.

Auch der Telegraph greift bei seiner Analyse der britischen Fußball-Dominanz auf ökonomische und psychologische Faktoren zurück: Die Teams spielten heute angriffslustiger, mit einem "wild spirit of enterprise", was man sehr frei mit "unternehmerischem Risiko" übersetzen könnte.

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