Fall Maaßen:Merkel: "Zu wenig an das gedacht, was die Menschen bewegt"

Lesezeit: 2 min

  • Bundeskanzlerin Merkel bedauert, wie die Bundesregierung mit dem Fall Maaßen umgegangen ist.
  • Bei der Entscheidung, den umstrittenen Verfassungsschutzpräsidenten zum Staatssekretär zu befördern, sei sie "zu sehr mit der Funktionalität" beschäftigt gewesen und habe zu wenig an die Bevölkerung gedacht.
  • Nachdem die Sache nun neu entschieden worden sei, wolle die Regierung zu Sachthemen zurückkehren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich als letzte der drei Parteichefs der großen Koalition zur jüngsten Entscheidung im Fall Maaßen geäußert. "Das neue Ergebnis von gestern ist sowohl sachgerecht als auch vermittelbar und es entspricht der Fürsorgepflicht für den Beamten Hans-Georg Maaßen", sagte die CDU-Chefin mit Blick darauf, dass der bisherige Verfassungsschutzpräsident nun als Sonderbeauftragter ins Bundesinnenministerium wechseln soll.

Es sei sachgerecht, da Maaßen hier einen "klar umrissenen Aufgabenbereich" erhalte, "ohne sonstige Abläufe im Bundesinnenministerium zu stören". Und vermittelbar, "ganz einfach, weil es keine Beförderung ist". Merkel bedauerte die nun revidierte Entscheidung der Koalitionsspitzen vom vergangenen Dienstag, den umstrittenen Maaßen zwar vom Posten des Verfassungsschutzpräsidenten zu entfernen, doch zugleich zum Staatssekretär zu machen und ihn damit faktisch zu befördern. "Das Ergebnis vom letzten Dienstag konnte nicht überzeugen."

Fall Maaßen
:Nahles wird viel erklären müssen

Der Bruch der Koalition ist abgewendet, der Verfassungsschutzchef bekommt einen neuen Job - aber nicht mehr Geld. Dennoch wird der Gang der SPD-Chefin in ihre Parteigremien diesen Montag nicht einfach werden.

Von Mike Szymanski

Bei der Entscheidung sei sie "zu sehr mit der Funktionalität und den Abläufen im Bundesinnenministerium beschäftigt" gewesen und hätte "zu wenig an das gedacht, was die Menschen zu Recht bewegt". Das bedauere sie sehr.

Die Kanzlerin erinnerte an die Bundestagswahl vor genau einem Jahr. Das schwierige Wahlergebnis habe die Politik vor große Herausforderungen gestellt. Die Regierungsbildung sei langwierig gewesen. "Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt die Probleme der Menschen lösen." Merkel räumte ein, dass die Regierung zum Teil zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen sei. Nun solle es wieder um Sachfragen gehen. Sie kündigte einen Koalitionsausschuss am kommenden Montag an, bei dem unter anderem die Frage der Dieselnachrüstungen geklärt werden solle.

Merkel hatte öffentlich nicht klar Position bezogen

Der CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer sowie die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hatten sich bereits am Sonntagabend zur Wende im Fall Maaßen geäußert. Die drei Parteichefs hatten am Sonntag erneut über die Angelegenheit beraten und vereinbart, dass Maaßen nicht, wie zuvor von Seehofer gewünscht, zum Staatssekretär befördert wird, sondern als Sonderbeauftragter für europäische und internationale Fragen ins Bundesinnenministerium wechselt. Maaßens Wechsel soll nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert "zügig und zeitnah" passieren.

Der Umgang mit Maaßen hatte die Koalition in den vergangenen Wochen schwer belastet. Die SPD hatte darauf bestanden, dass Maaßen nach seinen verharmlosenden Äußerungen zu rechtsextremen Vorfällen in Chemnitz den Posten als Verfassungsschutzpräsident räumen müsse. Seehofer wiederum stellte sich vor Maaßen und bestand darauf, ihn weiterzubeschäftigen. Die Kanzlerin selbst hatte hingegen nie klar Position bezogen.

Maaßen war wegen eines Interviews in die Kritik geraten, in dem er die Echtheit eines Videos zu den Ausschreitungen in Chemnitz angezweifelt und zudem bestritten hatte, dass es dort Hetzjagden gab. Da Merkel selber zuvor von "Hetzjagden" gesprochen hatte, konnten seine Äußerungen auch als Kritik an der Kanzlerin aufgefasst werden. Trotzdem hatte die Kanzlerin Maaßen nicht offen kritisiert, sondern nur gesagt, "begriffliche Auseinandersetzungen, ob es jetzt Hetze oder Hetzjagd ist, helfen uns wirklich nicht weiter".

© SZ.de/AFP/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Koalition einigt sich im Fall Maaßen
:Es gibt nichts zu jubeln

Der Fall Maaßen ist ein Exempel für die Problemlösungs-Inkompetenz der großen Koalition. Merkels Macht schwindet, die Erneuerung der SPD bleibt aus.

Kommentar von Heribert Prantl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: