Landtagswahl im Saarland:Fünf Lehren aus der Wahl im Saarland

Nach der Landtagswahl im Saarland - CDU

Am Tag nach der Wahl gratuliert die Kanzlerin: Ein wichtiger Grund für den CDU-Sieg im Saarland ist die Beliebtheit von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer quer über die Parteigrenzen hinweg.

(Foto: dpa)

Bei der Landtagswahl im kleinsten Flächenland gewinnt die Amtsinhaberin - was heißt das für die Bundestagswahl? Vor allem die SPD kann aus der Erfahrung lernen.

Von Dominik Fürst und Barbara Galaktionow

1. Der Schulz-Effekt allein wird die SPD nicht an die Macht tragen

Seitdem bekannt ist, dass Martin Schulz als Kanzlerkandidat der SPD ins Rennen geht, herrscht in und um die Partei Euphorie. Tausende traten der Partei bei, in Umfragen legten die Sozialdemokraten beachtlich zu. Dieser Effekt war im Bund zu beobachten, aber auch im Saarland. Er fiel dort jedoch mit etwa fünf Prozentpunkten weniger stark aus, als Wählerbefragungen hatten annehmen lassen.

Im Saarland gab es zwei entscheidende Gründe für den Sieg der CDU: Die Beliebtheit der Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer quer über die Parteigrenzen hinweg. Und die Bedenken mancher Wähler vor einer möglichen rot-roten Regierung. Dafür spricht unter anderem, dass die CDU fast die Hälfte aller ehemaligen Nichtwähler mobilisierte.

Für den Bund gilt daher, dass sich die SPD nicht auf die Zugkraft von Martin Schulz verlassen und die Beliebtheit von Kanzlerin Angela Merkel nicht unterschätzen sollte. Inhaltlich tut es der SPD gut, einen klaren Kurs zu fahren. Laut einer ARD-Umfrage wurde die SPD im Saarland vor allem wegen ihrer "Lösungsvorschläge zu Sachfragen" gewählt.

2. Rot-Rot birgt für die SPD große Risiken

In den zwei Wochen vor der Wahl wurde viel über ein Regierungsbündnis der SPD mit der Linken spekuliert, Linke-Spitzenmann Oskar Lafontaine trat teilweise so auf, als sei die Sache schon besiegelt. SPD-Frontfrau Anke Rehlinger hielt sich die Koalitionsfrage offen. Bei der Wahl fiel das SPD-Ergebnis dann aber doch niedriger aus, als von der SPD erhofft - und sehr viel niedriger als das der CDU. Rot-Rot hat keine Mehrheit. Es sieht so aus, als sei die Diskussion um Rot-Rot für die saarländische SPD nicht hilfreich gewesen.

Ein Großteil der Saar-Wähler sprach sich laut ARD-Wahlumfrage für die Fortführung der großen Koalition aus - wovon die eine Hälfte für die CDU und die andere für die SPD als größeren Koalitionspartner war. Am Ende erschien es vielen Wählern sicherer, für das Gesamtziel "große Koalition" die CDU zu wählen. Rot-Rot hielt hingegen nur etwa ein Drittel der Wähler für erstrebenswert - obwohl die Linke mit dem früheren SPD-Ministerpräsidenten Lafontaine an der Spitze im Saarland im Vergleich zu anderen West-Bundesländern ziemlich stark ist.

Die Bundes-SPD müsste, um den Fehler der Saarland-SPD zu verhindern, deutlich klarstellen, inwiefern die Wähler von Rot-Rot oder Rot-Rot-Grün profitieren könnten.

3. Auch etablierte Parteien können Nichtwähler mobilisieren

Obwohl die Wahlbeteiligung deutlich gestiegen ist, hat davon nicht die AfD profitiert, sondern die CDU. Bei den Landtagswahlen im vergangenen Jahr war es vor allem den Rechtspopulisten gelungen, bisherige Nichtwähler zu mobilisieren. Jeweils etwa ein Drittel ihrer Wähler rekrutierte die Partei aus diesem Pool.

Anders im Saarland: Von den etwa 60 000 ehemaligen Nichtwählern gab etwa die Hälfte ihre Stimme diesmal der CDU, mehr als ein Viertel der SPD (16 000). Die AfD mobilisierte nur 8000 bisherige Nichtwähler, die Linke 4000. Offenbar ist es also auch etablierten Parteien möglich, in großem Umfang Nichtwähler an die Urnen zu bringen. Im Saarland schien ihr Motiv nicht Enttäuschung zu sein (ein von AfD-Wählern sehr häufig genanntes Wahlmotiv), sondern der Wunsch, die bestehende Regierung zu stützen.

Das Saarland wurde eine Art Testlauf für das Duell Merkel gegen Schulz

4. Kleine Parteien haben es schwer, wenn die beiden großen in echten Wettstreit treten

Grüne: rausgeflogen. Piraten: nur noch 0,7 Prozent. FDP: den Wiedereinzug nach fünf Jahren Abwesenheit klar verpasst. Linke: drei Prozentpunkte gegenüber 2012 verloren. Die kleinen Parteien haben bei dieser Wahl gelitten. Das mag am Wahlprogramm oder den Protagonisten gelegen haben. Doch hinzu kommt wohl noch etwas anderes: Die kleinen Parteien haben Attraktivität und Wählerstimmen eingebüßt, weil CDU und SPD dem bundespolitischen Trend gefolgt sind und stärker polarisiert haben.

CDU und SPD wurden - obwohl sie als große Koalition regierten - als echte Alternativen wahrgenommen. Kramp-Karrenbauer gegen Rehlinger: Es wurde eine Art Testlauf für das Duell Merkel gegen Schulz im September. Auch, weil SPD-Spitzenfrau Rehlinger - wie Kanzlerkandidat Schulz - voll auf das Thema soziale Gerechtigkeit setzte. Das Duell der Großen hat das Interesse an den kleinen Parteien gemindert. Im Bundestagswahlkampf müssen Grüne, FDP und Co. ihr Profil schärfen, wenn sie nicht zwischen Union und SPD zerrieben werden möchten.

5. Gegen die AfD hilft eine eigene Vision von der Zukunft

Die AfD zieht mit 6,2 Prozent in ihren elften Landtag ein, als eine von nur vier Parteien. Eigentlich kein schlechtes Wahlergebnis. Andererseits war die Partei noch im Januar auf zweistellige Umfragewerte gekommen und hatte auf ein rechtspopulistisches Signal aus dem Saarland für die Bundestagswahl im September gehofft. Der AfD hat nicht nur der Führungsstreit auf Bundesebene geschadet oder die Querelen um rechtsextreme Strömungen im Landesverband (die zwischenzeitlich sogar der Bundes-AfD zu viel wurden).

Bemerkenswert im Saarland war noch etwas anderes: Dass es den etablierten Parteien dort gelang, die Themen zu setzen und sich nicht die Agenda der Rechtspopulisten aufdrücken zu lassen. Was natürlich auch mit der insgesamt großen Zufriedenheit der Saarländer mit ihrer Regierung zusammenhängt. Die von der AfD immer wieder angefeindete Flüchtlingspolitik spielte Umfragen zufolge für die Saarländer einfach keine große Rolle. Und die anderen relevanten Parteien zeigten sich hier gegenüber der AfD geeint. Das beste Mittel gegen rechtes Agenda-Setting ist also offenbar, eine eigene Vorstellung von der Zukunft zu haben - und Probleme sauber zu lösen.

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