Regierungskrise:Muss Österreichs Kanzler gehen?

Regierungskrise in Österreich

Am Montag könnte Sebastian Kurz mit einem Misstrauensvotum aus dem Amt gewählt werden.

(Foto: Herbert Neubauer/dpa)

Die Koalition aus ÖVP und FPÖ ist zerbrochen. Am Montag soll es zum Misstrauensvotum kommen. Doch die Opposition ist noch uneins. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Leila Al-Serori, Wien

Die politische Lage in Österreich hat sich auch Tage nach dem Rücktritt von Vizekanzler Heinz-Christian Strache und der Aufkündigung der Koalition nicht beruhigt. Österreichs Regierungschef Sebastian Kurz hatte eigentlich angekündigt, bis zu den vorgezogenen Neuwahlen weiter regieren zu wollen. Die Opposition könnte diese Pläne zunichtemachen. Sollten FPÖ und SPÖ im Parlament für den Misstrauensantrag stimmen, würde in Österreich erstmals ein Regierungschef auf diese Art und Weise abgewählt.

Wie will Kanzler Kurz bis zu den vorgezogenen Wahlen regieren?

Sebastian Kurz hat am Montagabend angekündigt, alle FPÖ-Minister durch Experten und Spitzenbeamte zu ersetzen. Deren Posten sind durch freiwillige Rücktritte nach der angekündigten Entlassung von Innenminister Herbert Kickl vakant geworden. Das würde aber nur funktionieren, wenn ein Misstrauensantrag keinen Erfolg hat. Dieser kommt allerdings immer näher. Am kommenden Montag soll eine Sondersitzung zur Regierungskrise im Parlament stattfinden, das teilte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) mit. Ein Misstrauensantrag könnte dann von der Opposition eingebracht werden.

Wie steht die Opposition zu einem Misstrauensantrag?

Die Opposition ist in dieser Frage bisher nicht einig. Die SPÖ fordert eine komplette "Übergangsregierung aus Experten". Auch Kanzler Kurz selbst wolle man durch einen Experten ersetzt haben, betonen die Sozialdemokraten. Ob sie dem Misstrauensantrag zustimmen werden, dazu äußerten sie sich aber bisher zurückhaltend. Die Linie der FPÖ ist ebenfalls nicht eindeutig, der bisherige Innenminister Herbert Kickl sprach Kurz aber schon am Montag sein Misstrauen aus. Die liberalen Neos haben sich klar gegen einen Misstrauensantrag ausgesprochen. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger appellierte auch an die anderen Fraktionen, die Staatsräson vor das Trennende zu stellen. Es sei jetzt nicht der Zeitpunkt für Wahlkampfreden, politische Spielchen oder Trotzreaktionen. Die Kleinstpartei Jetzt - Liste Pilz hingegen dürfte für den Antrag stimmen, sie hat ihn initiiert.

Wie wäre in diesem Fall das weitere Vorgehen?

Sollte der Antrag Erfolg haben, müsste Bundespräsident Alexander Van der Bellen einen neuen Regierungschef ernennen. Kurz wiederum müsste dann ohne Amtsbonus in die für September geplante Neuwahl gehen. Beide wollen das verhindern, um stabile Verhältnisse in Österreich zu gewährleisten. Bundespräsident und Kanzler haben deshalb Gespräche mit allen Oppositionsführern anberaumt.

Wann wird sich das entscheiden?

Die Sondersitzung im Parlament zur Regierungskrise soll am kommenden Montag 27. Mai stattfinden, erklärte Nationalratspräsident Sobotka nun. Dann soll auch über den Misstrauensantrag abgestimmt werden. Sollten die Mehrheitsverhältnisse bis dahin nicht klar sein, entscheidet sich dann, ob Kanzler Kurz bleiben kann oder nicht. Dass der Termin erst kommende Woche stattfindet, erklärte Sobotka mit der davor stattfindenden Europawahl am 26. Mai. Für diese Entscheidung gab es scharfe Kritik der SPÖ.

Wie kam es zu der Regierungskrise in Österreich?

Am Freitagabend hatten die Süddeutsche Zeitung und Der Spiegel Ausschnitte eines Videos veröffentlicht, die ein mehr als sechs Stunden langes Treffen vom Juli 2017 dokumentieren. In einer Villa auf Ibiza kamen Strache und sein Vertrauter Johann Gudenus damals mit einer angeblichen russischen Oligarchen-Nichte zusammen und stellten ihr Staatsaufträge in Aussicht. Dafür sollte diese zuvor der Partei im Wahlkampf helfen. Das Treffen war ganz offensichtlich eine Falle. Wer sie eingefädelt hatte, ist unklar. Das Video führte am Wochenende zu Straches und Gudenus Rücktritten, zum Bruch der Regierungskoalition in Österreich und zur Ankündigung von Neuwahlen.

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