Kommentar:Das Hexeneinmaleins der Familienrichter

Dem Bundesgerichtshof gelingt das Kunststück, einem nackten Mann in die Tasche zu greifen.

Heribert Prantl

Es stimmt nicht, dass man einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen kann. Dem 12. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) gelingt dieses Kunststück.

Er macht aus einem Hausmann ohne Einkommen, der seine drei Kinder aus zweiter Ehe betreut, einen (fiktiv) leidlich zahlungskräftigen Mann - und errechnet aus dieser Fiktion die Unterhaltspflicht für die Kinder aus erster Ehe.

Die Richter gehen vor wie beim Hexeneinmaleins:

"Aus Eins mach Zehn / Und Zwei lass gehn / Und Drei mach gleich / So bist du reich."

Diese Rechtsprechung zum Hausmann ist schärfer als die bisherige zur Hausfrau.

Ob das Gericht künftig auch einer Mutter, die drei Kinder betreut, ein fiktives Nebenerwerbseinkommen auf den Unterhaltsanspruch gegen den Vater anrechnet?

Natürlich darf sich ein Mann seiner Unterhaltspflicht für Kinder aus erster Ehe nicht dadurch entziehen, dass er den Hausmann macht; dafür müssen schon gewichtige Gründe vorliegen.

Die hat das Gericht im konkreten Fall anerkannt; hier verdient die zweite Frau viel mehr, als er verdienen könnte. Es ist dem Hausmann wohl auch noch zumutbar, dass er im Interesse der Kinder aus erster Ehe zusätzlich zur Betreuung der drei Kinder aus zweiter Ehe einen kleinen Nebenjob annimmt.

Das Gericht addiert nun aber den fiktiven Lohn aus dem Nebenjob zu dem Taschengeld, das dem Hausmann von der zweiten Ehefrau zusteht - und errechnet so die Leistungspflicht für die Kinder aus erster Ehe.

Dabei kommt mehr Geld heraus, als die Kinder beanspruchen könnten, wenn ihr Vater nicht Hausmann wäre, sondern einer Vollzeitbeschäftigung nachginge.

Das ist creatio ex nihilo; die Richter machen Geld aus Nichts. Sie sollten den Trick dem Finanzminister lehren.

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