Klausur in Potsdam:CDU-Chefin geht auf Distanz zur Kanzlerin

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Beim Thema Migration setzt sich CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer (links) von Kanzlerin Angela Merkel ab. (Foto: Getty Images)
  • Angela Merkel hatte die CDU im Oktober aufgefordert, die Diskussion über die Flüchtlingspolitik des Jahres 2015 zu beenden.
  • Die neue Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer kündigt nun eine "Generalaussprache" zu dem Thema an.
  • Außerdem betont die CDU-Chefin, das Recht, den Kanzlerkandidaten der Union vorzuschlagen, liege bei ihr.

Von Robert Roßmann, Potsdam

Die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer will die Flüchtlingspolitik der vergangenen Jahre überprüfen. Vor einer Klausur des CDU-Bundesvorstandes in Potsdam sagte Kramp-Karrenbauer, es werde deshalb im Februar ein "Werkstattgespräch" geben, also eine Art "Generalaussprache beginnend mit den Entscheidungen 2015 bis heute". Dabei werde man sich "die gesamte Einwanderungsfrage von dem Schutz der Außengrenze über die Asylverfahren bis zur Integration unter dem Gesichtspunkt der Wirksamkeit anschauen".

Zusammen mit Experten, unter ihnen Vertreter der EU-Grenzschutzagentur Frontex und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, werde man beraten, was verbessert werden müsse, sagte Kramp-Karrenbauer der Welt am Sonntag. Bereits jetzt sei aber klar: "Unsere Sicherheitsbehörden müssen durchsetzungsfähiger werden, auch im Bereich der gesamten Migration."

Die CDU-Chefin setzt sich damit bei diesem Thema von der Bundeskanzlerin ab. Angela Merkel hatte ihre Partei im vergangenen Oktober aufgefordert, die Diskussion über die Flüchtlingspolitik des Jahres 2015 zu beenden. Sicher gebe es in der Migrationspolitik noch Probleme, vor allem aber riesige Fortschritte seit 2015, sagte Merkel damals auf einem Parteitag der Thüringer CDU. "Wenn wir uns für den Rest des Jahrzehnts damit beschäftigen wollen, was 2015 vielleicht so oder so gelaufen ist und damit die ganze Zeit verplempern, dann werden wir den Rang als Volkspartei verlieren", warnte sie.

Kramp-Karrenbauer widersprach dem jetzt ausdrücklich. Sie sagte, die Zeit wäre nur dann "verplempert, wenn wir diese Debatte darauf verengen". Es wäre aber ebenfalls ein seltsamer Zustand, wenn die Christdemokraten das Thema Migration "umfassend behandeln und das Jahr 2015 ausklammern würden".

Der Herbst 2015 ist für viele in der CDU ein wichtiger Wendepunkt. Bevor Merkel im September 2015 entschied, über Ungarn und Österreich kommende Flüchtlinge nach Deutschland einreisen zu lassen, stand die Union noch bei gut 40 Prozent. Seitdem hat sie etwa zehn Prozentpunkte verloren - und rechts von ihr hat sich die AfD etabliert.

Machtwort zur Kanzlerkandidatur

Kramp-Karrenbauer hatte bereits im vergangenen Oktober, damals war sie noch Generalsekretärin, den unionsinternen Streit über Merkels Flüchtlingspolitik mit dem Dauerkonflikt in der SPD um die Agenda 2010 verglichen.

Wortmeldungen von CDU-Politikern zu der Frage, wer das Vorschlagsrecht für die nächste Kanzlerkandidatur habe, verurteilte Kramp-Karrenbauer jetzt als "völlig überflüssig". Sie sagte, das Recht liege bei ihr, "das galt für alle Vorsitzenden der CDU, und das wird auch für mich gelten".

Die Klausur des CDU-Vorstandes begann am Sonntagabend, sie soll an diesem Montag enden. Auf der Tagesordnung steht auch die Planung für das Jahr 2019. In diesem Jahr finden in vier Bundesländern Landtags- und in zehn Bundesländern Kommunalwahlen statt. Außerdem wird das Europaparlament neu gewählt. Für die CDU besonders problematisch sind dabei die Wahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen.

Die AfD steht in den drei Bundesländern in den Umfragen zwischen 21 und 25 Prozent. Der Thüringer CDU-Vorsitzende Mike Mohring wies vor der Klausurtagung darauf hin, wie wichtig im Osten Deutschlands das Thema Rente sei - auch wegen der dort oft unverschuldet unterbrochenen Erwerbsbiografien. Er empfahl deshalb, möglichst schnell eine Mindestrente einzuführen, die zehn Prozent höher als die Grundsicherung sein solle.

© SZ vom 14.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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