Kampf gegen Steuerhinterziehung:Tipp von der Gattin

Bei der Jagd auf Steuerhinterzieher kommen den Fahndern bisweilen Ehefrauen und Arbeitskollegen zu Hilfe. Die Delinquenten suchen Rat in "Hinterziehungsblättern".

K. Riedel und H. Leyendecker

Im Gegensatz zu Staatsanwälten oder auch Kommissaren bleiben Steuerfahnder für die Öffentlichkeit üblicherweise unsichtbar und anonym. Die Beamten mit der Blechmarke sind für die einen der Feind, für die anderen moralischer Stellvertreter. Wenn der Name eines Fahnders dann doch bekanntwird, muss etwas ganz Besonderes passiert ein.

Kontoauszüge, dpa

Hinweise auf Steuerhinterzieher kommen oftmals aus dem direkten Umfeld der Delinquenten.

(Foto: Foto: dpa)

Den Älteren zumindest ist ein Name geläufig: Klaus Förster. Er war der Chef der Steuerfahndung in Sankt Augustin. Seine Ermittlungen Mitte der siebziger Jahre lösten die größte Parteispenden-Affäre und den Fall Flick aus. Förster wurde von der Politik ausgebremst und schied, verbittert über den Zustand des deutschen Gemeinwesens, Anfang der achtziger Jahre aus den Diensten des Staates aus. Im vergangenen Jahr ist Förster gestorben.

Unerschrocken, kauzig und streitbar

Der Leiter der Wuppertaler Steuerfahndung, Peter B., gibt sich am liebsten wie Rumpelstilzchen. B. ist unerschrocken, unabhängig, kauzig und streitbar. Er redet wenig, kaut die Worte. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen. In den zugänglichen Archiven existiert kein Foto von ihm. Dabei hat er große Steuerskandale bearbeitet.

Der Fall der Dresdner Bank wäre ohne den Volljuristen nicht so erfolgreich bewältigt worden. Im Fall des Liechtensteiner Treuhänders Herbert Batliner hat er ermittelt. Damals war er noch der zweite Mann in Düsseldorf und es gab über die Behandlung steuerlicher Fragen fast einen Krieg mit den Kollegen im Revier.

In Wuppertal wurde er Chef und bei ihm landete dann - auf Vermittlung des Bundesnachrichtendienstes - der Fall LGT Treuhand. Ohne die Kollegen aus dem Revier wurde eine Einsatzkommission Liechtenstein II gegründet. 590 Verfahren sind eingeleitet; nur 191 davon sind bislang in der Ablage und mit dem Stempel "Erledigt" versehen. Und jetzt brütet er mit seinem Vize in Wuppertal über Credit-Suisse-Unterlagen.

Es gibt unter den etwa 2600 deutschen Steuerfahndern einige Originale und mancher von ihnen ist über den Beruf, die Menschen, die Politik zynisch geworden.

Kaum mehr als zehn Fälle bearbeitet ein Fahnder im Jahr und für die Bilanz braucht er große Fische und Erfolge. Eine Million Euro soll ein Fahnder etwa im Jahr reinholen. Das ist zu schaffen: Im Jahr 2007 trieben deutsche Steuerfahnder etwa 1,6 Milliarden Euro ein. Und doch sind die Fahnder oft nur Spielball der Standortpolitik der jeweiligen Regierungen.

Über den Strafrechtsanspruch des Staates entschied, zumindest in der Vergangenheit, oft die Postleitzahl, und wer in seinem Land mehr Betriebe ansiedeln wollte, sah zu, dass die Steuerfahnder nicht zu genau hinschauten.

Lesen Sie auf Seite 2, wer die Fahnder auf die Spur der Steuerhinterzieher bringt.

Im Schwitzkasten der Ermittler

Nordrhein-Westfalen wurde in den Wirtschaftskreisen, trotz der Behandlung des Fahnders Förster, "Volksrepublik" genannt. In Baden-Württemberg und Hessen waren die Fahnder zeitweise geschmeidiger. Die Schweiz und Liechtenstein galten unter den Fahndern als Länder, die den Schutz von Kriminellem zum Geschäftsmodell gemacht haben.

Die großen deutschen Bankenverfahren, die Mitte der neunziger Jahre auf Touren kamen, haben diesem Zweig der Finanzverwaltung Aufschwung gegeben. Die Zahl der Fahnder stieg erheblich. Am höchsten ist sie mit 630 Beamten in NRW. Bayern und Baden-Württemberg liegen mit etwa 330, beziehungsweise 320 Fahndern fast gleichauf. Im Jahr 1997 gab es bundesweit 23.500 Ermittlungen von Steuerfahndern, im Jahr 2000 waren es 48.638. Die letzte Statistik gibt es für 2008 (31.537 Fälle). 16.000 Freiheitsstrafen wurden da gegen Steuersünder verhängt.

Wer Fahnder ist, macht sich die Hände schmutzig. Sie kommen unangekündigt, meist im Morgengrauen und haben Handschellen dabei. Ihre Informanten sind oft Ehefrauen, deren Männer fremdgehen, Mitarbeiter, die sich vom Chef schikaniert fühlen.

Wer im Schwitzkasten der Ermittler ist, muss gute Nerven haben. Gern suchen sich Steuerfahnder auch Staatsanwaltschaften aus, mit denen sie gern zusammenarbeiten. Ein Grund findet sich leicht. Generell gilt: Sie lieben Strafverfolger, die Druck machen.

In großen Verfahren sehen sich Steuerfahnder oft einer Übermacht von hochbezahlten Anwälten gegenüber. Wenn ein junger Steuerfahnder eingeschüchtert werden soll, sagt ein alter Anwalt schon mal: "Sie wissen doch, dass Sie an einem Edeka-Fall arbeiten": Ende der Karriere bedeutet das im Fachjargon. So schlimm kommt es meistens nicht und mancher Steuerfahnder empfindet es als Abstieg, wenn er in die Kaste der Großbetriebsprüfer befördert wird.

Von Steuerhinterziehern und deren Helfern werden die Fahnder immer mehr als ernste Bedrohung gesehen. Fachblätter für Großanleger versorgen ihre Kundschaft gern mit Checklisten, in denen vor den raffinierten Frage- und Recherchetechniken der Steuerermittler gewarnt wird. Außer der Auflage nützen solche Tipps in der Regel wenig. Fahnder spotten dann über die "Hinterziehungsblätter".

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