Haftstrafe für Italiens Ex-Regierungschef:Berlusconis Anwälte kündigen Berufung gegen Urteil an

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"Unglaublich und inakzeptabel": Silvio Berlusconi will die gegen ihn verhängte Haftstrafe nicht hinnehmen. Seine Anwälte haben Berufung angekündigt. Doch dem frühren Regierungschef steht bereits der nächste Prozess bevor - dabei geht es um die Affäre mit der minderjährigen Ruby.

Silvio Berlusconi ist zu vier Jahren Haft verurteilt worden, drei davon werden ihm erlassen. Den Richterspruch will er trotzdem nicht akzeptieren. (Foto: REUTERS)

Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi will gegen seine Verurteilung im Prozess um Steuerbetrug und Schwarzgeldkassen vorgehen. Wenige Stunden nach Verkündung der Haftstrafe gegen den 76-Jährigen kündigten seine Anwälte Berufung an. Ein entsprechend begründeter Antrag solle bis zum 9. November vorgelegt werden, meldete die Nachrichtenagentur Ansa.

Ein Mailänder Gericht hatte Berlusconi am Freitag zu vier Jahren Haft verurteilt. Davon wurden ihm jedoch drei Jahre erlassen, unter Berufung auf ein Gesetz von 2006, das wegen der überfüllten italienischen Gefängnisse beschlossen worden war.

Ob das Urteil in einem Berufungsverfahren überhaupt rechtskräftig werden kann, ist offen. Denn eine Verjährung der Straftaten ist nicht ausgeschlossen. Der 76-Jährige war einer von elf Angeklagten in dem bereits vor sechs Jahren begonnenen Verfahren um Berlusconis Konzern Mediaset.

Berlusconi war nach Auffassung des Gerichts in den 1990er Jahren persönlich in eine Kette fingierter Verkäufe verwickelt. Beim Verkauf von TV-Rechten des Mediaset-Konzerns seien die Kosten um Hunderte Millionen Dollar aufgebläht worden, argumentierte Staatsanwalt Fabio De Pasquale. Das Gericht sprach von einem Geldfluss in Berlusconis Kassen. Die Verurteilten müssen zehn Millionen Euro an die italienischen Steuerbehörden bezahlen, entschieden die Richter. Die Staatsanwaltschaft hatte für den 76 Jahre alten Medienzaren drei Jahre und acht Monate Haft beantragt.

Das Gericht ging noch darüber hinaus und untersagte es Berlusconi überdies für fünf Jahre, öffentliche Ämter zu bekleiden. Erst am Mittwoch hatte der skandalumwitterte Politiker offiziell mitgeteilt, dass er bei der Parlamentswahl im Frühjahr 2013 doch nicht wieder als Kandidat für das Amt des Regierungschefs antreten will.

Berlusconi beteuert stets seine Unschuld

Berlusconi hatte wie bereits in anderen Prozessen wiederholt seine Unschuld beteuert. In seiner Zeit als Ministerpräsident hatte er mit mehreren Gesetzen dafür gesorgt, dass das Mediaset-Verfahren wie auch andere Prozesse gegen ihn unterbrochen wurden. Damit rückten die ihm vorgeworfenen Straftaten näher an eine Verjährung heran.

Italiener feiern mit Plakaten und Sekt das Urteil gegen Berlusconi. Die meisten Menschen glauben allerdings nicht daran, dass der ehemalige Regierungschef tatsächlich hinter Gitter muss. (Foto: REUTERS)

In einer ersten Reaktion auf das jüngste Urteil zeigte sich der frühere Regierungschef ebenso streitbar wie überrascht. "Meine Anwälte und ich hätten nie gedacht, dass solch ein Schuldspruch möglich wäre", sagte Berlusconi in einem Telefoninterview mit Italia 1, einem privaten TV-Sender aus seiner Mediengruppe Mediaset. Das Urteil sei unglaublich und inakzeptabel. Es sei das Ergebnis "politisierter" Richter, die Italien unbewohnbar gemacht hätten. Das Land sei keine Demokratie mehr, erklärte Berlusconi weiter.

Die Reaktionen der Italiener auf die Verurteilung sind gemischt. In TV-Umfragen zeigten sich viele resiginiert, sie glauben nicht daran, dass der frühere Ministerpräsident die Haftstrafe am Ende tatsächlich antreten muss. Antonio Padellano, Chefredakteur von Fatto Quotidiano, hält das Urteil dennoch für überfällig. Der ARD sagte er: "Alles was Berlusconi angerichtet hat, um sich nicht vor Gericht präsentieren zu müssen, ist erfolgreich gewesen ist. Aber jetzt ist der Moment gekommen, wo alle Schandtaten ans Tageslicht kommen."

Der nächste Prozess steht für Berlusconi bereits direkt bevor: Diesmal geht es für den 76-jährigen "Cavaliere" vor allem um das sogenannte Ruby-Gate in Mailand am Hals. Auch in dem Verfahren könnte ein Urteil in der ersten Instanz noch vor Jahresende fallen. Der Sex-Prozess wurde am selben Tag ohne prominente Zeugen fortgeführt: US-Filmstar George Clooney und seine frühere Freundin Elisabetta Canalis glänzten im Mailänder Justizpalast durch Abwesenheit.

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Beide sollten als Zeugen der Verteidigung Berlusconis in dessen Verfahren um Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch aussagen. Die Staatsanwaltschaft kritisierte die Verteidigung, die Clooney zu spät geladen habe und auf Zeit spiele, um das Verfahren näher an eine Verjährung zu bringen. Berlusconis Anwälte erhofften sich von Clooney möglicherweise die Aussage, bei Festen in einer Villa Berlusconis keine wilden Partys mit sexuellen Ausschweifungen gesehen zu haben. Laut Berlusconi ging bei seinen Partys alles mit rechten Dingen zu.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/AFP/infu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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