Großbritannien:"Freier, fairer und besser dran außerhalb der EU"

Großbritannien: Nach der Kabinettssitzung trat Cameron vor die Presse

Nach der Kabinettssitzung trat Cameron vor die Presse

(Foto: AFP)

David Cameron spricht sich sich für den Verbleib in der EU aus. Doch selbst seine Regierung ist gespalten. Ende Juni soll das Volk entscheiden.

Zwei Tage lang hatten Europas Staats- und Regierungschefs um einen neuen Vertrag mit Großbritannien gerungen. Erst am späten Freitagabend kam die erlösende Nachricht: Premierminister David Cameron kann mit einem Deal nach London zurückkehren.

Über die Vereinbarung hat Cameron am Samstag mit seinem Kabinett beraten. Die Runde habe daraufhin einem Verbleib des Königreichs in der Europäischen Union zugestimmt, sagte Cameron in London. Und er bestätigte, dass das Referendum darüber am 23. Juni stattfinden soll. Allerdings werden einzelne Kabinettsmitglieder dafür werben, für einen EU-Austritt zu stimmen. Justizminister Michael Gove hatte dies bereits angekündigt. Energieministerin Andrea Leadsom erklärt in einem Brief (PDF), warum die Briten für einen Brexit stimmen sollten.

Nun beginnen 124 Tage Wahlkampf, in denen der Premier die Wähler überzeugen möchte. Die Financial Times hat mehrere Umfragen ausgewertet. Demnach sprechen sich 41 Prozent der Briten für einen Verbleib in der EU aus, 41 Prozent wollen einen Brexit. Der Rest ist noch unentschlossen.

Nigel Farage, Chef der EU-kritischen Ukip-Partei, twitterte nach Camerons Rede: "Wir wollen unser Land zurück."

Justizminister Michael Glove bekräftigte seine Sicht, die EU verlassen zu wollen. Das Referendum sei die wohl schwierigste Entscheidung in seinem "politischen Leben", schreibt er auf Facebook. Es würde ihn schmerzen, Cameron zu widersprechen. Doch: "Ich glaube, unser Land wäre freier, fairer und besser dran außerhalb der EU."

Unterschiedliche Meinungen in der Regierung

Innenministerin Theresa May hingegen befürwortet den Verbleib Großbritanniens in der EU. Die EU sei zwar weit davon entfernt, perfekt zu sein, sagte sie laut BBC. Aber aus Sicherheitsgründen, zum Schutz gegen Verbrechen und Terrorismus, für den Handel mit europäischen Ländern und Zugang zu Märkten auf der ganzen Welt liege es im nationalen Interesse, in der EU zu bleiben. Die BBC veröffentlichte eine Liste mit Gegnern und Befürwortern des "Brexits".

Gestern noch hatte sich Cameron gefreut, dass er einen Deal ausgehandelt habe, "der Großbritannien einen Sonderstatus in der EU gibt". So sollen zugewanderte Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten in Großbritannien künftig erst nach vier Jahren Anspruch auf volle Sozialleistungen haben. Großbritannien darf die Regelung sieben Jahre anwenden.

Besonders umstritten war die Erlaubnis für London, Sozialleistungen für neue Arbeitnehmer aus EU-Staaten einzuschränken. Vor allem osteuropäische Staaten stemmten sich gegen Einzelheiten dieses Vorhabens, das besonders ihre Landsleute betreffen würde, von denen viele in Großbritannien arbeiten. Cameron hatte ursprünglich verlangt, dass diese "Notbremse" 13 Jahre lang in Kraft bleibt.

Ein weiterer Streitpunkt war Londons Forderung, das im EU-Vertrag verankerte Ziel der "immer engeren Union der Völker" zu relativieren. Die Einigung sieht nun vor, dass Großbritannien nicht an dieses Ziel gebunden ist. "Großbritannien wird nie zum Teil eines europäischen Superstaates", hatte Cameron betont.

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