Gazastreifen:Anschlag auf Konvoi des palästinensischen Regierungschefs

FILE PHOTO: Palestinian Prime Minister Rami Hamdallah waves upon his arrival, in the northern Gaza Strip

Palästinas Premierminister Rami Hamdallah nach seiner Ankunft im Gazastreifen.

(Foto: REUTERS)
  • Beim Besuch im Gazastreifen wird auf den Konvoi des palästinensischen Regierungschefs Hamdallah ein Anschlag verübt.
  • Der Ministerpräsident bleibt aber unverletzt.
  • Hamdallah absolviert einen geplanten Auftritt bei einer Kläranlage, sagt weitere Termine aber ab.
  • Palästinenserpräsident Abbas beschuldigt die radikal-islamische Hamas des Anschlags. Die weist die Verantwortung von sich und spricht selbst von einem "kriminellen Akt".

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Sein Besuch sollte der schleppenden Umsetzung des Versöhnungsabkommens zwischen Hamas und Fatah neuen Schwung verleihen. Außerdem wollte er eine Kläranlage einweihen. Es war der zweite Besuch des palästinensischen Premierministers Rami Hamdallah im Gazastreifen.

Mit seinem Konvoi war er am Dienstagmorgen aus dem Westjordanland angereist. 200 Meter hinter dem Grenzübergang Eres erfolgte dann gegen zehn Uhr eine heftige Explosion, als der Konvoi vorbeifuhr. Drei Begleitfahrzeuge - robuste Jeeps - wurden erheblich beschädigt, mehrere Menschen verletzt. Die Wucht der Explosion hat einen Krater auf der Straße hinterlassen. Der Ministerpräsident und Geheimdienstchef Madschid Faradsch, der ihn begleitete, blieben unverletzt.

Umringt von schwer bewaffneten Bodyguards absolvierte Hamdallah seinen geplanten Auftritt bei der unter anderem von der EU finanzierten Kläranlage, sagte aber Termine mit Hamas-Vertretern ab und reiste wieder ins Westjordanland zurück. Die Verwundeten wurden - nach Koordination mit den israelischen Behörden - am Grenzübergang Eres behandelt.

Vor seiner Abreise kündigte Hamdallah an, er werde in den Gazastreifen zurückkehren. Er rief die Hamas auf, die Regierungsgeschäfte zu übergeben. "Was heute geschah, wird uns nicht davon abhalten, die Bemühungen um die Versöhnung voranzutreiben", sagte Hamdallah.

Vom rund hundert Kilometer entfernten Ramallah schlug der palästinensische Präsident Mahmud Abbas schärfere Töne an und machte unmittelbar nach dem Anschlag die Hamas verantwortlich.

Ein Sprecher der radikalislamistischen Organisation zeigte sich "von den direkten Anschuldigungen des palästinensischen Präsidenten überrascht". Die Hamas verurteilte das Attentat als "kriminellen Akt", der die Bemühungen um Stabilität und Versöhnung untergrabe. Unmittelbar nach dem Vorfall wurden erste Festnahmen verkündet.

Auffällig ist jedoch, dass die Explosion genau dort passierte, wo die Hamas hinter der Grenzkontrollstelle auf palästinensischer Seite weiterhin ihre Wachposten auf einem Hochstand stationiert hat. Auf den Straßenkreuzungen in der Nähe sind Polizisten mit den blauen Hamas-Uniformen im Einsatz. Die unmittelbare Einreisekontrolle hat die Hamas, wie in dem im Oktober unter ägyptischer Vermittlung abgeschlossenen Versöhnungsabkommen mit der Fatah vorgesehen, an die palästinensische Autonomiebehörde übergeben.

Auch Islamisten könnten hinter dem Anschlag stecken

Weil die seit 2007 im Gazastreifen regierende Hamas die Kontrolle über den Sicherheitsbereich nicht abgeben will und vor allem einer Entwaffnung ihrer rund 25 000 Kassam-Brigaden nicht zustimmt, stockt es bei der Umsetzung des Abkommens. So sind weiterhin die von der Hamas engagierten Polizisten im Einsatz. Ein Streitpunkt wurde aus Sicht der Fatah, die die palästinensische Autonomiebehörde dominiert, vergangene Woche gelöst: Rund 22 000 Angestellte, die die Hamas für die Verwaltung engagiert hat, wurden übernommen.

Die Fatah und Vertreter der palästinensischen Autonomiebehörde werfen der Hamas vor, dass sie zwar die Verantwortung für die Versorgung des Gazastreifens mit seinen etwa zwei Millionen Einwohnern abgeben will, aber nicht die Macht. Die Hamas wiederum klagt, dass die Fatah ihre Organisation völlig auslöschen wolle statt eine Partnerschaft anzustreben.

Wenn nicht die Hamas hinter dem Anschlag steckt, könnte eine der extremistischen Gruppierungen dafür verantwortlich sein. Der Islamische Dschihad wird zunehmend stärker im Gazastreifen. Einige der im Westjordanland und im Gazastreifen aktiven islamistischen Gruppierungen arbeiten mit de Terrormiliz Islamischer Staat zusammen, vor allem die Ansar al-Dawla al-Islamiya, die "Unterstützer des Islamischen Staates".

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