G-20-Gipfel in Osaka:Peking zeigt seine Ambitionen nackt und hässlich

Vor dem G20-Gipfel in Osaka - Anreise

Der chinesische Präsident Xi Jinping kommt am Flughafen in Osaka an.

(Foto: dpa)

Es ist auch das Ergebnis von Trumps außenpolitischem Versagen: China hat seinen Einfluss in Ostasien drastisch ausgebaut.

Kommentar von Stefan Kornelius

Für einen chinesischen Staats- und Parteichef ist Osaka ein perfekter Ort, um die neue Welt zu vermessen: Nur 1700 Kilometer sind es bis Peking, aber 9200 Kilometer nach Washington. Diese Zahlen stehen für einen Anspruch, den Xi Jinping zum G-20-Gipfel nach Japan trägt: Es geht um Einflusszonen, Abhängigkeiten und die nackte Demonstration von Macht. Darin hat Peking in den vergangenen Monaten einige Übung bekommen, was sich auf dem Gipfel zeigen wird. Präsident Xi Jinping reist nicht als Bittsteller in einem Handelskrieg an, er kommt vor allem als Befehlshaber einer zunehmend aggressiven Regionalmacht nach Osaka.

Die letzte Demonstration des neuen chinesischen Selbstbewusstseins fand in Pjöngjang statt, wohin Xi nicht zufällig wenige Tage vor seinem Aufeinandertreffen mit US-Präsident Donald Trump reiste. Mit einer Freundschaftsshow aus dem Lehrbuch machte Xi klar, dass die Verfügungsgewalt über Diktator Kim Jong-un nicht in Washington liegt, sondern nach wie vor in Peking. Chinas kaum noch getarnte Warenlieferungen nach Nordkorea zeigen schon seit Monaten, dass die Isolation des Landes, Ergebnis von Resolutionen der Vereinten Nationen, gebrochen ist. Trumps irrlichternde Nordkorea-Politik hat Kim wieder hoffähig gemacht. China zeigt nun, wie sich geografische Nähe in politische Nähe umbauen lässt. Xi war der erste chinesische Präsident seit 14 Jahren, der nach Pjöngjang reiste.

Erheblich aggressiver geht Peking momentan im Südchinesischen Meer vor, wo eine maritime Miliz aus Fischerbooten und zivil agierenden Kähnen Chinas Besitzanspruch bis nahe an die philippinische Küste und definitiv in philippinische Fischereigründe trägt. Ein bewusst gesetzter Rammstoß eines chinesischen Schiffes gegen ein philippinisches Fischerboot blieb politisch folgenlos, obwohl das Boot sank und die Besatzung gerade noch mit dem Leben davonkam. Präsident Rodrigo Duterte hielt es offenbar für angemessen, keinen Konflikt mit Peking zu suchen - das Risiko ist einfach zu hoch. "Wenn ich China vom Fischfang abhalten will, wie setze ich dann meinen Wunsch durch?", fragte Duterte in entwaffnender Ehrlichkeit.

Diese Frage muss sich auch Chinas wichtigster regionaler Rivale, Japan, stellen. Hier geht es um wechselseitige ökonomische Abhängigkeiten, die Premierminister Shinzo Abe mit einer tiefen Verbeugung vor Xi anerkannte. Japan wird mit China auf klassische diplomatische Weise Verträge schließen und die politische Kommunikation professionalisieren, was Xi mit dem ersten Besuch in Japan in seiner Amtszeit honorierte.

Wer in all diesen Gleichungen fehlt, ist freilich der andere Pazifik-Anrainer, die USA. Der große Verlierer im neuen Einflussgeflecht ist Donald Trump, der es vorzieht, seine potenziellen Partner erst zu beleidigen, ehe er Forderungen an sie stellt. Für die Auseinandersetzung um Zölle und Handelsregeln mit China gibt es hinreichend gute Argumente, die Trump eigentlich Freunde in Ostasien geradezu in die Arme treiben sollten. Chinas Nachbarn sind mehr noch als die USA Opfer der chinesischen Handelsübermacht und Willkür. Trump aber ist ein Meister im Zerstören von Allianzen. Auch seiner Staatskunst ist es am Ende zu verdanken, dass China es wagt, seine wahren Ambitionen in der eigenen Nachbarschaft so nackt und hässlich zu zeigen.

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