Verdacht auf Verschwendung von Staatsgeldern:Frankreichs Umweltminister tritt zurück

Francois de Rugy, Umweltminister Frankreich

"Ich mag gar keinen Kaviar": Seine Beteuerungen nutzten Frankreichs Umweltminister François de Rugy am Ende nichts.

(Foto: dpa)
  • Der Druck war zu groß geworden: Frankreichs Umweltminister de Rugy tritt nach Berichten über seinen ausschweifenden Lebensstil zurück.
  • Er bestreitet, gegen Regeln zum Umgang mit öffentlichem Geld verstoßen zu haben und spricht von "medialer Lynchjustiz".
  • Unklar ist, ob eine regierungsinterne Untersuchung zu de Rugys Ausgaben womöglich belastende Erkenntnisse erbracht hat.

Von Leo Klimm, Paris

Alle Beteuerungen halfen nichts. "Ich mag gar keinen Kaviar", hatte François de Rugy versichert. Oder: "Ich leide an einer Unverträglichkeit gegen Schalentiere." Zugleich hatte er sich verpflichtet, "jeden strittigen Euro zu erstatten". Doch der Druck, den die Berichte zum Lebensstil des französischen Umweltministers ausgelöst hatten, war zu stark geworden.

Die Onlinezeitung Médiapart hatte über opulente Gourmetessen mit Hummer und 500-Euro-Weinen auf Staatskosten geschrieben, zu denen de Rugy in seiner Zeit als Parlamentspräsident Freunde eingeladen haben soll. Oder von der Luxusrenovierung seiner Dienstwohnung. Oder davon, dass er in der Nähe der Stadt Nantes eine Sozialwohnung nutze.

Am Dienstag nun erklärte de Rugy widerwillig seinen Rücktritt - nach einem klärenden Gespräch mit Premierminister Édouard Philippe und unmittelbar vor einer absehbar unangenehmen Fragestunde in der französischen Nationalversammlung. Die "mediale Lynchjustiz", der er ausgesetzt sei, zwinge ihn, Abstand zu nehmen vom Amt. "Der Einsatz, der zu meiner Verteidigung nötig ist, führt dazu, dass ich nicht mehr in Ruhe und effizient meiner Aufgabe nachgehen kann", so de Rugy.

Der Sturz de Rugys über seinen vermeintlich ausschweifenden Lebensstil ist auch ein Rückschlag für Emmanuel Macron. Der Staatschef hatte de Rugy einst bei den Grünen abgeworben und ihn erst zum Parlamentspräsidenten, dann zum Minister und Vizechef seiner Regierung gemacht. Das sollte zeigen, welchen Stellenwert der Präsident ökologischen Themen einräumt.

Doch ausgerechnet mit seinen Umweltministern hat Macron Pech: Der erste gab vor einem Jahr frustriert auf, weil er sich in seinem ökologischen Eifer ausgebremst fühlte. Und jetzt geht auch de Rugy unplanmäßig.

Dessen Rücktritt ist auch ein Anzeichen eines politischen Kulturwandels in Frankreich. Nicht nur de Rugy, auch die Bürger vertragen keinen Hummer mehr: Der gestürzte Minister mag nach allem, was bisher bekannt ist, keine Gesetze gebrochen haben. Luxuriöse Essen und andere Privilegien auf Staatskosten, die bisher selbstverständlich zum politischen Betrieb in Paris dazugehörten, sehen die Franzosen ihrem Spitzenpersonal dennoch nicht mehr so leicht nach wie früher.

De Rugy profilierte sich mit einem Moralisierungsgesetz

Die Proteste der Gelbwesten, die das Land im vergangenen Winter in Atem hielten, entsprangen schließlich auch einem verbreiteten Gefühl, die Pariser Eliten seien abgehoben. Hinzu kommt, dass de Rugy besonders angreifbar war: Er hatte sich als Präsident der Nationalversammlung 2017 selbst mit einem Gesetz zur "Moralisierung" der Politik profiliert. De Rugy beansprucht für sich, die Repräsentationskosten sowie die Rentenansprüche der Abgeordneten drastisch reduziert zu haben. Das entsprach einem Wahlversprechen Macrons: Die Politik werde künftig mit gutem Beispiel vorangehen, so der Präsident.

Trotzdem hat Macron dem Druck, der durch die Berichte über de Rugy entstand, zunächst nicht nachgegeben. Noch am Montag pochte er darauf, sein Minister müsse sich verteidigen dürfen. Am Dienstag ließ Macron dann erklären, der Rücktritt sei "eine persönliche Entscheidung" de Rugys, für die er Respekt empfinde.

Unklar ist, ob eine regierungsinterne Untersuchung zu de Rugys Ausgabenpraxis womöglich belastende Erkenntnisse erbracht hat. Macron hatte diese Prüfung veranlasst. De Rugy versichert, er habe alle Regeln zum Umgang mit öffentlichem Geld beachtet. Gegen Médiapart hat er Verleumdungsklage eingereicht. Über seine Nachfolge als Umweltminister ist noch nicht entschieden.

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