Fall Otto Warmbier:Trumps Faible für die harten Kerle

Donald Trump, Kim Jong Un

US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un bei ihrem zweiten Gipfeltreffen in Vietnam.

(Foto: AP)
  • US-Präsident Trump glaubt nach eigenen Angaben dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un, dass dieser nichts von der Misshandlung des amerikanischen Studenten Otto Warmbier im nordkoreanischen Gefängnis gewusst habe.
  • Es ist nicht das erste Mal, dass sich Trump auf die Seite eines autoritären Herrschers schlägt.

Von Beate Wild, Austin

Der US-Präsident konnte gar nicht mehr aufhören zu schwärmen. "Er hat Charakter, ist eine echte Persönlichkeit. Er ist sehr klug - so schlau, wie man überhaupt nur sein kann. Und er ist ein echter Anführer."

Es war der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un, den Donald Trump da in einem Interview mit seinem Lieblingssender Fox News in den höchsten Tönen pries. Kim hatte zwar beim Gipfeltreffen in Vietnam keine Zugeständnisse gemacht, doch ein schlechtes Wort wollte der US-Präsident dann doch nicht über den Diktator verlieren, der seine Bürger und sogar Verwandte einsperrt, foltert und ohne Gerichtsverfahren tötet.

Solche Schwärmereien ist die amerikanische Öffentlichkeit inzwischen gewohnt. Doch Trump nahm Kim auch in Schutz, als es um den Tod des amerikanischen Studenten Otto Warmbier ging. Er sehe ihn hier nicht in der Verantwortung. Kim "sagt mir, dass er nichts davon wusste, und ich werde ihn beim Wort nehmen", erklärte Trump.

Er deutete an, dass der Machthaber nicht über alle Gefangenen in seinem Land Bescheid wissen könne. "Großes Land, viele Leute. Und in diesen Gefängnissen und diesen Lagern hat man viele Leute." Nordkorea ist kleiner als Griechenland, hat nur 25 Millionen Einwohner und ist ein Polizeistaat. Es ist anzunehmen, dass Kim genau weiß, was in dem Land vorgeht, das er wie ein Gefangenenlager führt.

Entsetzen über Trumps Verteidigung des Despoten

In den USA ist nun das Entsetzen groß über Trumps Verteidigung des Despoten. Warmbiers Eltern verkündeten ihr Missfallen und dass "Kim und sein bösartiges Regime verantwortlich sind für den Tod unseres Sohnes Otto". Der 22-jährige Student Warmbier war in Nordkorea nach Diebstahl eines Propagandaplakats festgenommen und offenbar so stark gefoltert worden, dass er ins Wachkoma fiel. Wenige Tage nach seiner Übergabe an die USA starb er.

Demokraten wie Republikaner kritisierten den US-Präsidenten am Freitag in einer dieser Tage seltenen Einigkeit. Kevin McCarthy, republikanischer Minderheitenführer im Repräsentantenhaus, sagte: "Ich sehe Nordkoreas Führer nicht als jemanden an, der ein Freund ist. Wir alle wissen, was mit Otto passiert ist, wir wissen, was dieses Land getan hat."

Oder Adam Parkhomenko, demokratischer Stratege und ehemaliger Berater von Hillary Clinton. Er twitterte: "Mein Herz bricht für die Familie Warmbier. Ich kann mir nicht vorstellen, wie schmerzlich es ist, ein Kind zu verlieren, nur um zu sehen, wie der Präsident der Vereinigten Staaten sich auf die Seite des Mörders stellt."

Was ist los mit Trump? Warum tut er das?

Die Polit-Analysten, die sich darüber jetzt auf sämtlichen TV-Kanälen die Köpfe heiß diskutieren, haben dafür eine schlichte, wenn auch alarmierende Erklärung: Trump ist von Despoten fasziniert - und wäre am liebsten selbst einer.

"Donald Trump findet Diktatoren interessant. Er liebt diese Art von autoritären Herrschern, die Kriegsherrn, die harten Jungs, weil er sich ausmalt, dass er gerne auch so herrschen würde", sagte der republikanische Politikberater Rick Wilson dem TV-Sender MSNBC. Der US-Präsident habe schon lange "eine Liebe zu Männern fürs Grobe".

"Sehr gute Beziehungen" zu Putin

Die Liste von Trumps Zuneigungsbekundungen für diese Art von Herrschern ist beachtlich: Der US-Präsident preist gerne die "sehr guten Beziehungen" zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nach dem Gipfel in Helsinki sagte Trump, er glaube ihm, dass der Kreml sich nicht in den US-Wahlkampf 2016 eingemischt habe. Die US-Ermittler und Geheimdienste kamen da allerdings zu einem anderen Ergebnis.

Im Oktober vergangenen Jahres erklärte Trump, der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman habe ihm glaubhaft versichert, nichts von der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi gewusst zu haben. Die CIA ermittelte, dass der Prinz definitiv hinter dem Mordkomplott stecke.

Den philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte beglückwünschte Trump zu seiner strengen Hand beim "Kampf gegen Drogen" und lud ihn ins Weiße Haus ein. Duterte hatte nach seinem Amtsantritt seine Landsleute zum eigenhändigen Mord an Drogenkonsumenten aufgefordert: "Wenn ihr Drogensüchtige kennt, geht raus und bringt sie um." Mehr als 12 000 Menschen sind seither auf den Philippinen zu Tode gekommen, Menschenrechtler berichten von gezielten Tötungen durch Sicherheitskräfte.

Die Einhaltung von Menschenrechten scheint nicht mehr so wichtig

Mit Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi, der 2013 bei einem Massaker mehr als 800 Menschen an einem Tag umbringen ließ, traf sich Trump in New York. Und lobte Sisis "fantastische" Arbeit. Und auch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, der gerne Kritiker, Kontrahenten und Journalisten einsperrt und von Religionsfreiheit sowie Frauenrechten nicht viel hält, hat Trump ein gutes persönliches Verhältnis.

Der 45. US-Präsident, so der Eindruck, schätzt die guten Beziehungen zu solchen Herrschern. Er ist beeindruckt, wie fest sie ihre Länder im Griff haben - und wie die Bevölkerung Respekt oder gar Angst vor ihnen hat. Die Zuneigung geht offenbar sogar so weit, dass er diesen Gewaltherrschern mehr glaubt, als den eigenen Geheimdiensten.

Die weltweite Einhaltung von Menschenrechten, bis vor kurzem stets eine zentrale politische Forderung der amerikanischen Außenpolitik, spielt in Trumps "America First"-Agenda keine wesentliche Rolle mehr. Nicht erst seit den Warmbier-Aussagen.

Nach der scharfen Kritik an seinen Äußerungen fühlt Trump sich nun missverstanden. Nicht zum ersten Mal ruderte er nach einem diplomatischen Fauxpas zurück.

Auf Twitter erinnerte er am Freitagabend, dass schließlich er es war, der Warmbier zurück in die USA brachte. Selbstverständlich sei "Nordkorea für Ottos Misshandlungen und seinen Tod verantwortlich", schrieb der US-Präsident. Zu Kim Jong-uns Rolle hatte er nichts mitzuteilen.

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