Europarat kritisiert Kreml:"Versammlungsgesetz verletzt Menschenrechte"

Nicht nur bei der russischen Opposition sorgt die Verschärfung des Versammlungsgesetzes für Unmut: Auch der Europarat kritisiert die Änderungen und fordert Putin auf seine Unterschrift zu verweigern.

Der Europarat hat Wladimir Putin aufgefordert, das neue russische Versamlungsgesetz nicht zu unterschreiben. Die Massendemonstrationen der vergangenen Monate hätten ein "Fenster" zur Stärkung der Demokratie in Russland eröffnet. Diese Chance werde mit der Einschränkung des Demonstrationsrechts zunichte gemacht, erklärten die Russland-Berichterstatter der Parlamentarier-Versammlung des Europarats, Andreas Gross und György Frunda.

Russian democrats resist adoption of an anti-protest law

Demonstrieren wird in Russland bald teuer.

(Foto: dpa)

Russland ist seit 1996 Mitglied im Europarat. Damit hat sich das Land verpflichtet, die Europäische Menschenrechtskonvention einzuhalten, in welcher die Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit verankert sind. Diese würden durch das neue Gesetz verletzt.

Das aktuelle Entwurf sieht Geldstrafen von umgerechnet 7300 Euro für Teilnehmer sowie von gut 25.000 Euro für Veranstalter nicht genehmigter Demonstrationen vor. Das Bußgeld würde damit über dem Durchschnittsjahreseinkommen vieler Russen liegen. Immerhin: Wer kein Geld hat, kann gemeinnützige Arbeit leisten.

Die Verschärfung der Strafen wird als Reaktion auf die Massenproteste gegen die vermeintlich manipulierte Parlamentswahl und den Ämtertausch von Ministerpräsident Dmitrij Medwedew und Präsident Putin gesehen. Hundertausende waren in den vergangenen Wochen auf die Straße gegangen, um zu protestieren. Immer wieder wurden Demonstranten festgenommen. Bei Protesten am Dienstag waren es 70 Regierungsgegner. Dmitrij Medwedew sieht im neuen Strafenkatalog eine wichtige Abschreckungsmaßnahme. Es könne nicht sein, dass jemand gegen ein Gesetz verstoße, eine kleine Strafe zahle und schon am nächsten Tag wieder gegen das Gesetz verstoße, sagte er in einem Interview.

Putin wird sich von der Kritik aus dem Europarat nur wenig beeindrucken lassen. Seine Zustimmung gilt als sicher, auch wenn er am Mittwoch von seinem Sprecher verkünden ließ, das Gesetz auf die Beschräkung der Freiheitsrechte der Bürger hin zu prüfen. Das Gesetz soll vor einer angekündigten Demonstration der Opposition am 12. Juni in Kraft treten.

Der frühere Finanzminister Alexej Kudrin verurteilte die Geldstrafen als "drakonisch". Das Gesetz verstoße gegen rechtsstaatliche Prinzipien und das von der Verfassung garantierte Recht der Bürger, friedliche Versammlungen zu organisieren, sagte Kudrin dem Sender Moskauer Echo. Der Blogger Alexander Morosow sprach von einem "Gesetz eines Polizeistaats", durch das Poilzeiaktionen gegen Bürgerproteste verschärft würden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: