Ehrenamt:Bezahlt die Präsidentengattin oder schafft sie ab

Elke Büdenbender und Daniela Schadt

Die alte (Daniela Schadt, rechts) und die neue (Elke Büdenbender) First Lady Deutschlands unterhalten sich im Reichstag in der Bundesversammlung, bei der Frank-Walter Steinmeier zum neuen Bundespräsidenten gewählt wurde.

(Foto: picture alliance / Ralf Hirschbe)

Elke Büdenbender tauscht ihren Richterjob gegen ein Ehrenamt ein, weil ihr Mann Bundespräsident wird. Dass sie dafür kein Geld bekommt, ist nicht mehr zeitgemäß.

Kommentar von Lilith Volkert

Ein Richter gibt seine Arbeit auf. Er verzichtet auf Geld und Erfüllung, um seine Frau auf Reisen zu begleiten und sich mit ihren Gästen zu unterhalten. Klingt komisch? Nur, solange man von einem Mann spricht. Bei einer Frau wird es in manchen Fällen sogar erwartet.

Elke Büdenbender war bisher Richterin am Berliner Verwaltungsgericht. Wenn ihr Mann Frank-Walter Steinmeier an diesem Sonntag ins Schloss Bellevue zieht, übernimmt sie stattdessen ein Amt, das es eigentlich nicht gibt: Bundespräsidenten-Gattin. Ihre Aufgaben sind vielfältig, aber nirgends schriftlich festgehalten. Sie gelten als "Engagement ehrenamtlicher Natur", Geld gibt es nicht dafür. Was nicht nur für Frau Büdenbender, ihre Karriere und ihre Rentenansprüche bedauerlich ist, sondern auch völlig unzeitgemäß. Deutschland sollte seine "First Lady" für ihre Arbeit bezahlen - oder sie in ihrer Funktion abschaffen.

Nur bezahlte Arbeit verschafft Unabhängigkeit

Die Präsidentengattin ist üblicherweise Schirmherrin wohltätiger Organisationen, sie nimmt an Staatsempfängen teil und beantwortet Briefe von Bürgern. Es wird erwartet, dass sie gleichzeitig präsent und zurückhaltend ist. Sie steht im Rampenlicht, auch wenn sie das - wie Elke Büdenbender - nicht mag.

Dass die Präsidentengattin diesen Vollzeitjob übernimmt, ist eine "mittlerweile sechzigjährige Tradition", heißt es im Bundespräsidialamt. Sie stammt aus einer Zeit, als Männer das Geld nach Hause brachten und ihre Frauen ihnen dafür den Rücken freihielten. Dass es im Schloss Bellevue auch heute noch so ist, zeigt, dass sich das Frauenbild weniger verändert hat, als gerne angenommen wird. Man sieht es auch andernorts: Unter dem Prädikat "Ehrenamt" schultern Frauen neben der Kindererziehung den Großteil der nicht entlohnten Fürsorgearbeit. Natürlich ist nicht nur bezahlte Arbeit etwas wert. Aber nur die verschafft Unabhängigkeit.

Gerade weil der Bundespräsident fast ausschließlich durch Worte und Gesten Einfluss nimmt, hätte es eine große symbolische Wirkung, die Tätigkeit seiner Frau durch Bezahlung als anspruchsvollen Job anzuerkennen. Es ist zudem widersprüchlich, wenn sich Politiker mühsam Gesetze zur Lohngerechtigkeit und zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf abringen, das Paar an der Spitze des Staates aber zusammenlebt wie in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts.

Nicht zuletzt ist es unsinnig, eine Aufgabe "Ehrenamt" zu nennen, die an den Job des Partners gekoppelt ist und im Grunde nicht abgelehnt werden kann. Frau Büdenbender wollte eigentlich weiterhin als Richterin arbeiten, hat es sich aber nach Gesprächen mit ihrem Arbeitgeber und ihrer Vorgängerin anders überlegt. Ganz gleichgültig, was genau sie zu dieser - völlig privaten - Entscheidung bewogen hat: Dass die Präsidentengattin in Vollzeit einen anspruchsvollen Beruf ausübt, ist offenbar nur schwer einzurichten.

Die Ärztin Veronica Carstens durfte immerhin einige Patienten in ihrer Praxis behandeln, als ihr Mann Karl Ende der 70er Jahre Bundespräsident war; die Hauswirtschaftslehrerin Christiane Herzog hatte in den 90er Jahren eine Kochsendung im Fernsehen. Auch Büdenbenders Vorgängerin Daniela Schadt ließ ihren Beruf als Journalistin ruhen, obwohl sie nicht einmal mit Joachim Gauck verheiratet ist. Dass diese "wilde Ehe" an der Staatsspitze von der Gesellschaft akzeptiert wird, ist ein Fortschritt. Dass für Frau Schadt dann trotzdem nur die traditionelle Rolle blieb, umso abstruser.

Eine andere Möglichkeit wäre es, auf die Unterstützung der Präsidentengattin zu verzichten. Joachim Sauer, der Ehemann der Kanzlerin, verfolgt seine Karriere als Chemiker und tritt fast nie mit Angela Merkel auf - wenngleich seine Frau auch weniger Repräsentationsaufgaben hat als ein Bundespräsident.

Deutschland muss sich entscheiden: Leistet die "First Lady" unverzichtbare Arbeit, dann sollte diese genau definiert und entlohnt werden. Ist sie nur als kostenloses Beiwerk gut, kann ganz auf sie verzichtet werden. Spätestens wenn eine Frau das Amt des Bundespräsidenten übernimmt, wird sich zeigen, dass dies ohne weiteres möglich ist.

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