Ehe und Homo-Ehe:Konservativer CDU-Flügel wehrt sich gegen steuerliche Gleichstellung

In der Union wird weiter über die mögliche Ausweitung des Ehegattensplittings auf homosexuelle Lebenspartnerschaften diskutiert. Nachdem führende CDU-Politiker einen Kurswechsel angekündigt hatten, melden sich nun Kritiker im konservativen Flügel zu Wort.

In der Union wächst der Widerstand gegen eine mögliche Ausweitung des Ehegattensplittings auf Homo-Paare, wie sie führende CDU-Politiker angekündigt hatten.

Die Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Katherina Reiche (CDU), sagte der Bild-Zeitung, sie würde sich freuen, "wenn mit der gleichen Leidenschaft, die eine kleine Gruppe gleichgeschlechtlich orientierter Aktivisten an den Tag legt, in der Union dafür gestritten würde, wie Familien ihren alltäglichen Drahtseilakt besser bewältigen können".

Auch der konservative Berliner Kreis der Union will kein Homo-Splitting. Christean Wagner, CDU-Fraktionschef in Hessen und Mitglied im Berliner Kreis, sagte dem Blatt, es bleibe "unumstößliche Linie" der Union, Homo-Partnerschaften zu tolerieren. Es überrasche ihn aber schon sehr, dass zwei Monate nach dem Beschluss des CDU-Parteitags in Hannover zum Ehegattensplitting die Fraktionsspitze in Berlin offenbar einen "radikalen Schwenk" vollziehen wolle. Diesen werde er nicht mittragen. Ehe und Familie stünden unter besonderem Schutz des Grundgesetzes. Deshalb sei "vorauseilender Gehorsam vor dem Bundesverfassungsgericht auf der Basis von Vermutungen nicht der Politikstil der Union".

Armin Laschet, CDU-Landeschef im mitgliederstärksten Landesverband Nordrhein-Westfalen, sagte der Bild-Zeitung: "Der Staat sollte Kinder fördern und nicht Lebensformen, deshalb muss aus dem Ehegattensplitting ein Familiensplitting werden."

Das Bundesverfassungsgericht hatte vergangene Woche die Rechte homosexueller Paare zur Adoption von Kindern ausgeweitet: Laut Urteil dürfen Schwule und Lesben, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, auch ein von ihrem Partner zuvor angenommenes Kind adoptieren.

Ein weiteres Urteil zu eingetragenen Lebenspartnerschaften steht noch aus: Dabei geht es um die Klage zum Ehegattensplitting, das Eheleuten steuerliche Vorteile gewährt, Schwulen und Lesben in einer eingetragenen Partnerschaft aber nicht. Einem Spiegel-Bericht zufolge laufen in der Union bereits konkrete Planungen für einen Kurswechsel in ihrer Familienpolitik. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dem Magazin, "wir prüfen, welche Konsequenzen aus dem Urteil zu ziehen sind".

Die CSU will nicht nachgeben

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) beauftragte dem Bericht zufolge den Rechtsexperten Günter Krings damit, Modelle für eine steuerliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare zu entwickeln.

Während FDP-Chef Philipp Rösler sich für die Gleichstellung homosexueller Paare aussprach und den Koalitionspartner zu raschem Handeln aufforderte, will die CSU in der Debatte nicht nachgeben. Generalsekretär Alexander Dobrindt warnte vor "Schnellschüssen". Der Bild am Sonntag sagte er: "Für uns gilt der Grundsatz, dass Ehe und Familie auch zukünftig besonders privilegiert, gefördert und geschützt sind." Ähnlich äußerten sich die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt und Parteichef Horst Seehofer.

Die Grünen wollen die schwarz-gelben Koalition bei einem möglichen Schwenk hin zur Gleichstellung homosexueller Partnerschaften unterstützen. "Wir bieten ausdrücklich Zusammenarbeit an", sagte Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck der Passauer Neuen Presse. Angesichts absehbarer Gegenstimmen in der Union seien die Grünen bereit, einer entsprechenden Initiative im Bundestag zur Mehrheit zu verhelfen. Beck empfahl Union und FDP, ihren Abgeordneten die Abstimmung freizustellen.

Ein solches Vorgehen fand auch Unterstützung in der CDU, zumindest bei Jens Spahn. Der CDU-Abgeordnete sagte den Dortmunder Ruhr-Nachrichten, dass "eine offene Abstimmung in einer hochpolitischen Frage nicht das Ende einer Koalition sein muss". Spahn verwies auf das britische Beispiel: Dort hatte die konservative Regierungspartei ihren Abgeordneten das Stimmverhalten bei dem Votum zur Homo-Ehe freigestellt. Spahn gehört zu einer Gruppe von Unionsabgeordneten, die für eine Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe eintreten.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Michael Grosse-Brömer, hatte der Süddeutschen Zeitung vergangene Woche gesagt, die Union müsse "in Sachen Gleichstellung beweglicher werden".

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