Diplomatischer Eklat:Kroatische Delegation bricht historischen Besuch in Serbien ab

Diplomatischer Eklat: Der Nationalist Vojislav Šešelj spricht auf einer Wahlkampfveranstaltung (Archivbild).

Der Nationalist Vojislav Šešelj spricht auf einer Wahlkampfveranstaltung (Archivbild).

(Foto: AP)
  • Eine kroatische Delegation hat einen als historisch bezeichneten Besuch in Serbien wieder abgebrochen.
  • Der Grund ist, dass der serbische Nationalist Šešelj auf eine kroatische Fahne getreten und die Gäste als Faschisten beschimpft haben soll.
  • Šešelj war erst vor einer Woche vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag schuldig gesprochen worden.

Er soll auf einer kroatischen Flagge herumgetrampelt und eine Staatsdelegation als "kroatische Faschisten" beschimpft haben: Der serbische Nationalist Vojislav Šešelj hat einen diplomatischen Skandal mit dem Nachbarland Kroatien provoziert. Kroatiens Parlamentspräsident Gordan Jandroković hat am Mittwoch in Belgrad einen Besuch abgebrochen, nachdem Šešelj Medien zufolge die Gäste beleidigt hatte.

Jandroković erklärte daraufhin, er werde umgehend nach Zagreb zurückkehren - obwohl der Besuch "einen sehr guten Start" gehabt habe.

Der Besuch galt als historischer Wendepunkt in der Beziehung zwischen Kroatien und Serbien. Die beiden Nachbarländer stehen seit dem Jugoslawienkrieg miteinander in Konflikt.

Šešelj gilt als ehemaliger "Chefpropagandist von Groß-Serbien"

Šešelj war erst vor einer Woche vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die Richter hoben damit den Freispruch der ersten Instanz von 2016 auf. Wegen seiner langen Untersuchungshaft blieb er jedoch auf freiem Fuß. Die Berufungsrichter sahen es als erwiesen an, dass der frühere Vizepremier in den 90ern mit hasserfüllter Propaganda gegen Kroaten und Muslime Gewalttaten geschürt habe.

Šešelj gilt als ehemaliger "Chefpropagandist von Groß-Serbien". Ihm wurden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen, es geht um die Ermordung Tausender und die Vertreibung mehrerer Zehntausend Kroaten und Muslime in Bosnien. In Reden rief er zur ethnischen Gewalt gegen Nicht-Serben auf. Außerdem stellte er mutmaßlich paramilitärische Verbände auf, die Gräueltaten verübten.

Nach elf Jahren Untersuchungshaft war er wegen einer Krebserkrankung 2014 entlassen worden. 2016 hatte ihn das UN-Tribunal aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Unmittelbar nach seinem Freispruch hatte Šešelj das Tribunal als "antiserbisches Gericht in der Hand der westlichen Mächte" beschimpft, das "juristisch keinerlei Bedeutung" habe. Šešelj ist immer noch Abgeordneter des serbischen Parlaments und führt eine radikale Partei an.

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