Digital-Technik:Radio Gaga

In Europa neigt sich die UKW-Ära ihrem Ende zu. Der Empfang im DAB-Format ist aber unbeliebt - besonders bei den Deutschen.

Von Katharina Riehl

Dem deutschen Urlauber dürfte die Welt hinter dem Brennerpass schon bald deutlich leiser vorkommen. Das liegt nicht an einem neuen Tempolimit auf italienischen Autobahnen, sondern an einer rundfunkpolitischen Entscheidung der italienischen Provinz Südtirol. Ende des Jahres 2017 sollen dort die ersten analogen Radiosendeanlagen abgeschaltet werden. Die Bewohner sollen bis dahin, so das Versprechen, zu nahezu 100 Prozent digitales Radio empfangen können. Wer aber in seinem deutschen Auto, ausgestattet mit einem völlig normalen Radio nach Südtirol fährt, der hört dann vor allem Stille. Ein UKW-Radio kann die digitalen Signale von DAB nicht empfangen.

Südtirol hat vor wenigen Tagen bekannt gegeben, dass man dort tatsächlich ernst macht in einer der umstrittensten Fragen der Medienpolitik in ganz Europa. Und die italienische Provinz ist damit nicht allein: Noch schneller betreibt man den Wechsel in Norwegen, dort wird bereits kommende Woche in einem ersten Landesteil der klassische UKW-Empfang abgeschaltet. Bis Ende des Jahres soll dann ganz Norwegen auf DAB umgestellt sein. Die Schweiz plant die komplette Umstellung für die Jahre von 2020 an, auch zum Beispiel in Großbritannien arbeitet man auf einen generellen Wechsel hin.

Unumstritten ist das digitale Radio aber auch in Norwegen nicht, obwohl man dort nun den Anfang macht. Kürzlich ergab eine Umfrage, dass zwei von drei Einwohnern gegen die Umstellung sind. Auch in Deutschland wird nach wie vor darüber gestritten. Die öffentlich-rechtlichen Sender, die gemeinsam mit der Politik für DAB werben, wollen den neuen Standard unbedingt. Zum einen, weil er kostengünstiger ist, aber auch, weil Radio keine analoge Insel in einem digitalen Medienmarkt bleiben möchte. Zudem gibt es quasi unbegrenzt Frequenzen. Aus diesem Grund wiederum fürchten die Privatradios um ihr Geschäftsmodell, wenn die Konkurrenz bei DAB deutlich wachsen würde. Für den Hörer bedeutet die Umstellung zunächst mal Mehrkosten für ein neues Gerät - und natürlich den Bruch mit lieben Gewohnheiten. Senderverlegungen von UKW auf DAB, wie es in Bayern den Sender BR Klassik erwartet, rufen regelmäßig Kritik hervor.

Die zum Teil heftig und immer wortreich geführte Debatte drängt allerdings ein wenig in den Hintergrund, dass das digitale Radio auch hierzulande Realität ist. In Deutschland gibt es zwar noch immer kein Abschaltdatum für UKW, und das wird es so bald wohl auch nicht geben. Das liegt auch daran, dass noch immer nicht genügend Menschen ein Gerät besitzen. Noch immer hören 93,3 Prozent der Deutschen Radio über UKW. Die Zuwachsraten für die DAB-Nutzung sind hierzulande allerdings enorm, von 2015 bis 2016 lag sie bei 89 Prozent; etwa 8,8 Millionen Geräte sollten Schätzungen zufolge bis Ende 2016 in deutschen Haushalten stehen.

Vor allem aber ist der politische Wille groß, hier ist DAB längst Chefsache. Im Herbst trafen sich die Ministerpräsidenten mit dem zuständigen EU-Kommissar Günther Oettinger; man möchte gerne europaweit regeln, dass künftig jedes zum Radioempfang geeignete Gerät DAB-Signale empfangen kann. Auch alle Radios in Autos. Dann wäre es auch in Südtirol weniger leise.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: