Deutsche Ratspräsidentschaft:Viel Licht, auch Schatten

Die Bilanz der deutschen Ratspräsidentschaft fällt unterschiedlich aus: Auf manchen Gebieten wie dem Klimaschutz konnte die Europäische Union einen echten Durchbruch erzielen, auf anderen Feldern stocken die Verhandlungen. Eine Übersicht.

VERFASSUNG: Nach dramatischen Schlussverhandlungen verständigten sich die 27 EU-Mitgliedsländer bei einem Gipfel in Brüssel auf die Eckpunkte einer grundlegenden EU-Reform. Zu den Kernpunkten zählen ein EU-Ratspräsident, eine geschlossenere Außenpolitik, zusätzliche Mehrheitsentscheidungen und mehr Rechte für EU-Parlament und nationale Parlamente.

KLIMASCHUTZ: Die Ratspräsidentschaft setzte die bislang ehrgeizigsten Klimaziele in der EU durch. Bis 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um mindestens 20 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden.

EU-ERWEITERUNG: Bulgarien und Rumänien traten am 1. Januar in die EU ein. Nach einjähriger Pause wurden zudem die Gespräche mit Serbien über ein Assoziierungsabkommen wieder aufgenommen. Auch mit der Türkei gingen die Beitrittsverhandlungen weiter. Allerdings haben die Gegner eines Beitritts mit der Wahl des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy mehr Gewicht bekommen.

Viel Licht, auch Schatten

BÜROKRATIEABBAU: Die EU verpflichtete sich, die Bürokratiekosten drastisch zu reduzieren. Durch vereinfachte Genehmigungsverfahren und weniger Verwaltungsauflagen soll die Industrie jährlich 1,3 Milliarden Euro sparen.

RUSSLAND: Die zunächst geplante Aufnahme der Verhandlungen mit Russland für ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen war nicht möglich. Polen blockiert die Gespräche nach wie vor, weil Russland ein Fleischembargo gegen das Land verhängt hat.

NAHOST/KOSOVO: Die deutsche Ratspräsidentschaft sorgte für eine Wiederaufnahme der Quartett-Gespräche. Kämpfe und Übergriffe im Libanon und in den Palästinenser-Gebieten gingen aber unvermindert weiter. Auch die Unabhängigkeit des Kosovo stockt wegen der russischen Veto-Drohung.

NACHBARSCHAFTSPOLITIK: Die EU hat neue Kriterien für eine neue Nachbarschaftspolitik entwickelt. Vor allem die östlichen Nachbarländer sollen vertraglich - unterhalb der Beitrittsschwelle - an die Union gebunden werden. Die Kooperation mit Ländern wie der Ukraine und Moldawien soll auch die Energiesicherung umfassen.

Viel Licht, auch Schatten

ROAMING: Handy-Gespräche im europäischen Ausland werden noch in diesem Sommer billiger. Die so genannten Roaming-Gebühren werden auf eine Obergrenze von zunächst 49 Cent je Minute für abgehende und 24 Cent für angenommene Gespräche sinken. Die EU-weite Öffnung der Postmärkte im Jahr 2009 scheiterte dagegen.

STRAFTÄTER: Verbrecher werden es in der EU künftig schwieriger haben, denn die Strafregister der EU-Mitgliedstaaten sollen europaweit vernetzt werden. Die Justizminister vereinbarten erstmals einen Austausch der Daten zu Verurteilungen. Auch eine Visa-Datenbank wurde beschlossen. EU-weite Mindestrechte für Beschuldigte in Strafverfahren gibt es weiter nicht.

ZAHLUNGSVERKEHR: Bargeldlose Zahlungen wie Überweisungen und Lastschriften sollen vom kommenden Jahr an in der EU nicht teurer sein als im Inland. Die Finanzminister einigten im März auf den einheitlichen Zahlungsverkehrraum.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: