Ceta:Beistand für SPD-Chef Gabriel

Kanada und EU wollen auf die Kritiker des Abkommens zugehen und versprechen "formale Klarstellungen", um Bedenken auszuräumen. Diese Erklärung und ihr Zeitpunkt helfen vor allem dem Vizekanzler.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Es ist kein Zufall, dass dieses Versprechen ausgerechnet einen Tag vor dem SPD-Konvent kommt. Angesichts des innerparteilichen Protests gegen das geplante Handelsabkommen Ceta wollen die Europäische Kommission und Kanada auf die Kritiker zugehen und erklärten am Sonntag einmütig: "Wir verstehen, dass einige Bedenken bleiben, die klargestellt werden müssen." Die Verfasser dieses Bekenntnisses sind EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, die im Auftrag der EU-Staaten das Abkommen verhandelt hat, und die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland. Die beiden versprachen, die Kritik der Ceta-Gegner ernst zu nehmen: "Wo formale Klarstellungen nötig sind, um Bedenken auszuräumen, sind wir verpflichtet dies zu tun, auch bei unseren gemeinsamen Ansichten zu öffentlichen Dienstleistungen, im Arbeitsrecht und beim Umweltschutz."

Die Erklärung aus Brüssel und Ottawa dürfte ganz im Sinne des Bundeswirtschaftsministers sein

Damit nannten Malmström und Freeland jene drei Bereiche, die für Ceta-Gegner besonders bedenklich sind. Auch ein viertes Thema, das nicht minder kritisiert wird, adressierten die beiden: den Investorenschutz. "Wir haben die gemeinsame Verpflichtung, den verbesserten Investorenschutzmechanismus bei Ceta zu überwachen, um sicherzustellen, dass dieser in einer wirklich unabhängigen Art und Weise arbeitet." Bei diesem Streitpunkt hatten die Europäer mit den Kanadiern nachverhandelt. Der eigentlich fertige Vertragstext wurde angesichts der heftigen Kritik am bislang geltenden Prinzip privater Schiedsgerichte geändert. Nun findet sich im Vertrag das vom Bundeswirtschaftsministerium und der EU-Kommission forcierte Modell eines Investitionsgerichts.

Die Erklärung aus Brüssel und Ottawa dürfte ganz im Sinne von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sein, der vergangene Woche selbst nach Kanada gereist war und seinerseits "Klarstellungen" versprochen hatte. Ziel sei eine "gemeinsame, rechtsverbindliche Erklärung", die Bedenken ausräumen soll. Nach der Entscheidung des SPD-Konvents zu Ceta will Gabriel Ende der Woche am EU-Handelsministerrat in Bratislava teilnehmen. Dort sollen die Minister formal darüber abstimmen, die Unterzeichnung des Abkommens zu beschließen. Geplant ist diese für Ende Oktober, dann findet der EU-Kanada-Gipfel statt.

Folgen die EU-Staaten dem Vorschlag der Europäischen Kommission, wird der Ceta-Vertrag vorläufig angewendet. Das ist bei Handelsabkommen bislang gängige Praxis und würde nichts anderes bedeuten, als dass der Vertrag - sobald das Europäische Parlament ihm zugestimmt hat - vorläufig in Kraft tritt (also bevor alle nationalen Parlamente darüber abgestimmt haben). Geht es nach der Kommission, soll es im Frühjahr 2017 so weit sein. Für die vorläufige Anwendung gibt es in den EU-Verträgen keine zeitliche Begrenzung. Das Provisorium könnte demnach zum Dauerzustand werden, sollte sich die Ratifizierung in den nationalen Parlamenten schwierig gestalten.

Die Handelsminister können allerdings bestimmte Bereiche definieren, die nicht vorläufig angewendet werden dürfen; sondern erst dann, wenn alle nationalen Parlamente dem gesamten Vertrag zugestimmt haben. Soweit das bisher praktizierte Verfahren.

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