Bundespräsident:Tadel für das Staatsoberhaupt

Konzert in Chemnitz #wirsindmehr

65 000 Menschen sind nach Angaben der Stadtverwaltung zum Konzert nach Chemnitz gekommen. Unter den Bands war auch Feine Sahne Fischfilet um den Sänger Jan "Monchi" Gorkow.

(Foto: Hannibal Hanschke/Reuters)

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sieht Frank-Walter Steinmeiers Werbung für das Konzert gegen Rechts in Chemnitz "sehr kritisch" - und wird für die Aussage ihrerseits angegriffen.

Von Robert Roßmann, Berlin

Annegret Kramp-Karrenbauer gilt als eine Generalsekretärin der leisen Worte - und Tadel für den Bundespräsidenten gibt es im politischen Betrieb eher selten. Umso erstaunlicher war, was man am Montag erleben konnte. Die CDU-Generalsekretärin kritisierte Frank-Walter Steinmeier, und das für ihre Verhältnisse ziemlich deutlich. Anlass war ein Open-Air-Konzert in Chemnitz am Montagabend, mit dem die beteiligten Bands ein Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen wollten. Der Bundespräsident hatte die Einladung zu dem Konzert auf Facebook geteilt und damit unterstützt. Unter den Bands ist auch "Feine Sahne Fischfilet". Die ostdeutsche Gruppe war zeitweise im Verfassungsschutzbericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern als linksextrem aufgeführt. In einem ihrer Lieder heißt es: "Die Bullenhelme, die sollen fliegen, eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein." In einem anderen Song finden sich Zeilen wie: "Polizist sein heißt, dass Menschen mit Meinungen Feinde sind" oder "Die nächste Bullenwache ist nur einen Steinwurf entfernt".

Kramp-Karrenbauer sagte, sie sehe die Unterstützung durch Steinmeier deshalb "sehr kritisch". "Denn das, was wir wollen, ist, unsere Demokratie, unseren Rechtsstaat" gegen rechts zu verteidigen und zu schützen, sagte die CDU-Generalsekretärin der Welt. "Und wenn man das dann mit denen von links tut, die genau in der gleichen Art und Weise auf Polizeibeamte verbal einprügeln (...), dann halte ich das für mehr als kritisch." Sie kenne Amtsvorgänger des Bundespräsidenten, bei denen sie sich sicher sei, "dass sie das so unkritisch nicht unterstützt hätten".

SPD, Linke und Grüne widersprechen Kramp-Karrenbauer deutlich

Die AfD verurteilte den Bundespräsidenten noch deutlich heftiger als die CDU. Vertreter anderer Parteien wiesen jedoch darauf hin, dass "Feine Sahne Fischfilet" schon länger nicht mehr in dem Verfassungsschutzbericht aufgeführt werde und die Band die beanstandeten Textpassagen inzwischen selbst kritisch sehe. Sie verurteilten deshalb das Vorgehen Kramp-Karrenbauers. Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, twitterte, die Kritik der CDU-Generalsekretärin an Steinmeier sei "ein schwerer Fehler". Denn Deutschland brauche jetzt "ein Bündnis der Demokratinnen und Demokraten gegen rechtsextreme Gewalt und Demokratiefeinde".

Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Linken, Dietmar Bartsch, sagte der Süddeutschen Zeitung, er halte das Verhalten von Steinmeier für "mutig und richtig". Frau Kramp-Karrenbauer sollte "hier keine Front aufmachen" - alle Antifaschisten sollten möglichst gemeinsam auftreten. Und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil klagte im Spiegel, in Chemnitz würden "Ausländer von Rechtsradikalen durch die Innenstadt gejagt". Aber die CDU habe "nichts anderes zu tun, als den Bundespräsidenten dafür anzugreifen, dass er auf ein Konzert hinweist". Die Union habe "das Gespür dafür verloren, was in diesem Land gerade passiert".

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