Besuch von Barack Obama:Verbündeter Schnüffler

Wurden deutsche Internet-Nutzer vom amerikanischen Geheimdienst ausspioniert? Wahrscheinlich schon. Wenn US-Präsident Barack Obama zu Besuch kommt, sollte Bundeskanzlerin Merkel sich bei ihm trotzdem nicht beschweren.

Ein Kommentar von Hubert Wetzel

Nächste Woche kommt Barack Obama nach Berlin. Für die Kanzlerin ist das eine gute Gelegenheit, den US-Präsidenten zu fragen, was es denn nun eigentlich mit der gigantischen Datensammelei durch die NSA auf sich hat. Und ob es denn stimmt, dass auch Millionen von E-Mails, Facebook-Seiten, Twitter- und Chat-Nachrichten deutscher Internet-Nutzer vom amerikanischen Geheimdienst ausgewertet werden.

Zudem kann Angela Merkel ihren Besucher bitten, möglichst umsichtig mit diesen aus Deutschland abgesaugten Daten umzugehen. Sie kann und sollte darauf hinweisen, dass der Schutz, den die US-Verfassung vor staatlicher Schnüffelei gewährt, zwar nur für Amerikaner in Amerika gilt; dass es aber schön wäre, wenn US-Geheimdienste die Bürger eines engen Verbündeten nicht pauschal wie mutmaßliche Dschihadisten behandelten.

Aber das ist es dann schon. Was Merkel nicht kann, ist lauthals das Ende der Überwachung zu fordern oder Obama öffentlich zu rügen. Denn wenn es stimmt, dass Amerikas Datenspionage geholfen hat, auch in Deutschland Terroranschläge zu verhindern, ist die Kanzlerin die Letzte, die sich beschweren kann. Dann muss sie eher darum bitten, noch mehr Informationen aus den USA zu bekommen. Merkel steckt im gleichen Dilemma wie Obama: Die Privatsphäre ist eine feine Sache. Doch als Kanzlerin trägt sie Verantwortung für Sicherheit und Leben der Bürger.

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