Auswirkungen:Angst vor  dem Abbau

"Fusion" ist für viele Beschäftigte ein Angstwort, ebenso wie die Gewerkschaften fürchten sie eine Streichung von Stellen. Aber auch Kunden könnten ein Zusammengehen der beiden Institute zu spüren bekommen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Bei Fusionen geht es bekanntlich darum, Kräfte zu bündeln. Im Fall von Deutscher Bank und Commerzbank böte sich sogar ein gemeinsames Firmenjubiläum an. Beide Großbanken wurden 1870 gegründet, begehen also nächstes Jahr ihren 150. Geburtstag. Damals wollten die Gründer deutsche Banken schaffen, um für den überseeischen Handel unabhängiger von England zu werden. Nun, fast 150 Jahr später, sprechen beide Institute ernsthaft über eine Fusion. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Könnten beide auch alleine überleben?

Vermutlich ja. Die Geldhäuser verfügen über ausreichend Eigenkapital und Liquidität, sind derzeit also weit davon entfernt, in Schieflage zu geraten. Auch eine feindliche Übernahme ist unwahrscheinlich. Zum einen ist gar kein Interessent in Sicht, zum anderen sind feindliche Übernahmen im Bankgeschäft eher selten. Als 2017 der chinesische Mischkonzern HNA einen Minderheitsanteil an der Deutschen Bank kaufte, holte man sich zuvor das Plazet der Bundesregierung. Aber: Allen voran die Deutsche Bank verdient nach wie vor zu wenig, um dauerhaft genug Rücklagen zu bilden. Auch der Commerzbank geht es nicht gerade blendend. Der Aktienkurs beider Banken spiegelt die Unsicherheit wider. Das Problem ist, dass die Deutsche Bank am Kapitalmarkt vergleichsweise hohe Zinsen für ihre Anleihen zahlen muss. Experten befürchten eine Abwärtsspirale aus steigenden Refinanzierungskosten und sinkenden Erträgen. Ob eine Fusion mit der Commerzbank die Lösung für die Probleme ist? Da sind viele skeptisch.

Braucht Deutschland eine Superbank?

Eigentlich hat Deutschland mit der Deutschen Bank bereits eine Superbank. Gemessen an der Bilanzsumme, die das Geschäftsvolumen bemisst, ist die Deutsche Bank das viertgrößte Institut der Eurozone. Mit Blick auf die Systemrelevanz steht sie zusammen mit den angelsächsischen Großbanken HSBC und Citigroup sogar an zweiter Stelle. Geriete sie in Schieflage, wäre dies gefährlich für das Finanzsystem. Wahr ist aber auch, dass Europas Banken gegen die Wall-Street-Banken immer mehr an Boden verlieren und sich viele Unternehmen in Deutschland eine starke heimische Bank an ihrer Seite wünschen. Gemessen am gemeinsamen Börsenwert stehen Commerzbank und Deutsche Bank auf den Ranglisten der weltweit größten Geldhäuser aber bestenfalls zwischen dem 40. und 50. Platz. Durch eine Vereinigung mit der Commerzbank würde sich an der relativen Stärke der fusionierten Bank zunächst wenig ändern. Der Bundesverband der Deutschen Industrie teilte mit, nur wenn die Fusion eine stärkere Institution schaffe, sei die Sache zielführend.

Welche Folgen hat das für die Kunden?

Gemeinsam hätten beide Banken etwas mehr Macht auf dem Heimatmarkt. Ob sie dadurch aber höhere Preise für Girokonten oder Kredite durchsetzen könnten, ist ungewiss. Zusammen kämen sie in Deutschland auf rund 33 Millionen Privat- und Firmenkunden, 2400 Filialen und einen Marktanteil von rund 20 Prozent. Dank Sparkassen, Volksbanken und Finanz-Start-ups herrscht auf dem deutschen Bankenmarkt aber auch weiter reger Wettbewerb. Der Umstand, dass die teilstaatlichen Sparkassen in Deutschland so stark sind, gilt sogar als eine von vielen Ursachen für die Misere von Deutscher Bank und Commerzbank. Achim Wambach, Chef der Monopolkommission, hält die Fusion daher kartellrechtlich für harmlos. Die Geschäftsfelder der Banken überschnitten sich entweder nur gering oder seien "spürbarem Wettbewerb ausgesetzt - auch noch nach einer möglichen Fusion". Auch mit Blick auf die Filialen dürfte sich für die Kunden nicht viel ändern. Geschlossen würden wahrscheinlich vor allem benachbarte Filialen.

Müssen Mitarbeiter um Jobs fürchten?

"Fusion" ist für viele Beschäftigte ein Angstwort. Ein hochrangiger Aufseher sprach kürzlich von einem "Blutbad", als es um die Zahl der wegfallenden Stellen ging. Die Schätzungen, wie viele Arbeitsplätze wegfallen, reichen von 10 000 bis 50 000 Stellen - anders dürfte sich die Fusion kaum rechnen. Zusammen kommen beide Banken auf 140 000 Mitarbeiter, wovon etwa 49 000 auf die Commerzbank entfallen. Befürworter merken an, dass ein großer Stellenabbau in Zeiten von Vollbeschäftigung kein Drama sei, auch nicht für den Standort Frankfurt. Die Gewerkschaften DBV und Verdi sehen das anders und wehren sich dagegen. Einige Arbeitnehmervertreter haben angekündigt, im Aufsichtsrat dagegen zu stimmen - ein Novum in der jüngeren Geschichte der beiden Banken.

Kann das Vorhaben noch scheitern?

Das ist möglich. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing betont, es werde ergebnisoffen verhandelt, was mindestens sechs Wochen dauern wird. Dann müssen die Aktionäre auf der Hauptversammlung zustimmen. Große Anteilseigner haben aber bereits ihre Skepsis zum Ausdruck gebracht.

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