Asylpolitik:Bamf-Chef kritisiert "selbst ernannte Flüchtlingsräte"

Hans-Eckhard Sommer

Hans-Eckhard Sommer, Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, bei einer Bundespressekonferenz im Januar.

(Foto: dpa)
  • In einem Zeitungsinterview übt Bamf-Präsident Hans-Eckhard Sommer scharfe Kritik an Flüchtlingshelfern.
  • Vor einer geplanten Abschiebung zu warnen, müsse "mit den Mitteln des Strafrechts geahndet werden".
  • Der bayerische Flüchtlingsrat verteidigte solche Warnungen. Sommer wolle "autokratisch die Zivilgesellschaft kriminalisieren".

Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Hans-Eckhard Sommer, hat scharfe Kritik an Flüchtlingshelfern geäußert. "Es ist ganz offensichtlich, dass einige Organisationen das Interesse verfolgen, Abschiebungen generell zu bekämpfen - ich denke vor allem an selbst ernannte Flüchtlingsräte", sagte Sommer der Welt am Sonntag.

Viele Flüchtlingsräte verbreiten im Internet und auf Flugblättern Abschiebungstermine und empfehlen Betroffenen, sich an diesen Tagen nicht an ihrer Meldeadresse aufzuhalten. Wenn solche Organisationen geplante Abschiebungstermine öffentlich machten, sei das ein Versuch, "den Staat bei Abschiebungen zu behindern", so Sommer. Flüchtlingsräte seien der Meinung, "dass sich jeder das Land seines Aufenthalts selbst aussuchen soll". Ihr Vorgehen gegen Abschiebungen solle "mit den Mitteln des Strafrechts geahndet werden".

Ein Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums sieht vor, dass künftig Menschen bestraft werden können, die ausreisepflichtige Asylbewerber unmittelbar vor einer bevorstehenden Abschiebung warnen. Nichtregierungsorganisationen wie Pro Asyl haben diesen Vorstoß bereits kritisiert.

Der bayerische Flüchtlingsrat wies Sommers Kritik zurück und erklärte, Warnungen vor Abschiebeterminen seien dringend notwendig. Das bayerische Innenministerium etwa schrecke nicht davor zurück, "Familien auseinanderzureißen, Menschen aus der Ausbildung abzuschieben und Kranke in ein Land ohne medizinische Versorgungsmöglichkeiten zu schicken". Sprecher Stephan Dünnwald sagte, Sommer wolle "autokratisch die Zivilgesellschaft kriminalisieren" und mit seiner Kritik lediglich vom Versagen seiner Behörde ablenken.

Sommer bezeichnete in dem Interview außerdem die aktuelle Zahl der Asylanträge in Deutschland als "zu hoch". Im vergangenen Jahr seien 162 000 Asyl-Erstanträge registriert worden, so Sommer: "Das ist vergleichbar mit einer Großstadt, die jährlich zu uns kommt." Lediglich 35 Prozent der Antragsteller erhielten aber einen Schutzstatus. "Wir sehen also ganz deutlich, dass viele Menschen hierher kommen, ohne einen Asylgrund zu haben."

Obwohl er "Grenzen der Belastbarkeit eines Staates" ausmache, sprach Sommer sich gegen eine Zielmarke für Asylanträge aus. "Wenn jemand mit einem berechtigten Asylgrund herkommt, dann müssen wir diesen auch anerkennen und können nicht statistisch vorgehen", betonte er.

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