Afghanistan-Einsatz:Seehofer lehnt mehr Truppen ab

CSU-Chef Seehofer findet, 4500 deutsche Soldaten für Afghanistan sind genug. Der schwarz-gelben Koalition droht damit ein Konflikt in der Außenpolitik.

N. Fried

Die schwarz-gelbe Koalition steht vor einem Konflikt in der Außenpolitik. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer äußerte sich am Wochenende ablehnend zu einer möglichen Aufstockung der deutschen Truppen in Afghanistan. Er unterlief damit die abwartende Strategie der Bundesregierung, die sich mit diesem Thema erst nach der internationalen Afghanistan-Konferenz Ende Januar befassen will.

CSU-Chef Seehofer, dpa

CSU-Chef Seehofer lehnt eine Aufstockung der Truppen durch die Bundeswehr am Hindukusch ab.

(Foto: Foto: dpa)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatten bislang eine Erhöhung des deutschen Kontingents nicht ausgeschlossen. Seehofers Parteifreund, Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, hatte sie vor einigen Tagen in einer Rede vor Nato-Militärs sogar ausdrücklich in Aussicht gestellt, wenn dies im Lichte der Londoner Konferenz notwendig sein sollte.

Seehofer sagte der Bild-Zeitung, er habe "wenig Sympathie" für eine Aufstockung der Truppen. Die Obergrenze von 4500 deutschen Soldaten sei ausreichend. Für eine Erhöhung "müsste man mir eine andere, überzeugende Konzeption liefern", wurde Seehofer zitiert. "Wir haben immer gesagt, dass eine Strategie entwickelt werden muss, die auch eine realistische Perspektive für den Abzug beinhaltet." Seehofers Äußerung kam kurz nach der Veröffentlichung neuer Umfragen, in denen die Zustimmungswerte für das deutsche Engagement in Afghanistan massiv gesunken sind.

Druck auf Guttenberg in Kundus-Affäre wächst

Am Wochenende wurden zudem teilweise bereits bekannte Details des Angriffes auf zwei Tanklaster in Kundus berichtet, bei dem bis zu 142 Menschen gestorben sein sollen. Unter Berufung auf den geheimen Nato-Untersuchungsbericht zu dem Angriff hieß es im Spiegel, der Fliegerleitoffizier von Oberst Georg Klein, der den Luftangriff befohlen hatte, habe die Besatzung des F-15-Jagdbombers aufgefordert, sechs Bomben auf die Tanklaster abzuwerfen, die von zahlreichen Menschen umringt waren. Die Besatzung habe dem widersprochen und erklärt, es seien nur zwei Bomben nötig.

Darüber hinaus sollen Auszüge des Funkverkehrs zwischen dem US-Piloten und dem deutschen Fliegerleitoffizier belegen, dass die Besatzung insgesamt fünfmal Tiefflüge als Warnung vorschlug.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, sagte, auch nach seinen Informationen seien die US-Piloten "skeptisch bis sperrig" gewesen. Sie hätten "wiederholt Bedenken geäußert, wurden aber mit knappesten Aussagen in die Schranken verwiesen", sagte Arnold der Süddeutschen Zeitung.

Da die Skepsis der US-Piloten im Nato-Bericht festgehalten wurde, steigt der Druck auf Verteidigungsminister zu Guttenberg, seine Korrektur der Bewertung des Vorfalles zu begründen. Der Minister sagt bislang, Berichte, die ihm zunächst nicht zur Verfügung gestanden hätten, seien die Grundlage seiner neuen Bewertung gewesen, wonach der Angriff "militärisch nicht angemessen" gewesen sei. Bislang ist unklar, welche Fakten oder Erklärungen diese Berichte lieferten.

Auch der SPD-Politiker Arnold fragte sich, "welcher Erkenntnisgewinn da in der Zwischenzeit erfolgt sein soll". Guttenberg lässt dazu verbreiten, der Nato-Bericht sei neutraler formuliert gewesen als die anderen Berichte.

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