Affäre um Hauskredit und Drohanrufe:Rückhalt für Wulff in der Koalition schwindet

Es wird einsam um den Bundespräsidenten: Einzig CDU-Generalsekretär Gröhe verteidigt Wulff noch. In der Koalition wird die Forderung nach Aufklärung laut. Die Opposition hält sich bislang auffallend zurück - in der Kandidatenfrage favorisiert zumindest die SPD erneut Joachim Gauck.

Robert Roßmann, Susanne Höll und Michael Bauchmüller

Der Rückhalt für Bundespräsident Christian Wulff in der Regierungskoalition schwindet. Aus der Führung von Union und FDP verteidigte am Dienstag nur noch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe den Staatschef. Gröhe sagte der Süddeutschen Zeitung: "Christian Wulff hat sich für seinen Anruf bei der Bild-Zeitung entschuldigt. Diese Entschuldigung wurde angenommen. Das sollte nun auch von allen respektiert werden." In den Parteispitzen wurde erwartet, dass sich Wulff zu den neuen Vorwürfen äußert. Eine solche Erklärung müsse in den nächsten Tagen kommen.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass Wulff durch Anrufe beim Chefredakteur der Bild-Zeitung, beim Springer-Vorstandschef und bei der Verlegerin des Zeitungskonzerns den ersten Artikel über seinen umstrittenen Hauskredit verhindern wollte. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Holger Zastrow forderte Wulff im MDR auf, sich noch in dieser Woche zu erklären. Dies sei seine "Pflicht". Der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte, es liege jetzt "am Bundespräsidenten selbst, die entstandenen Irritationen aus dem Weg zu räumen".

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte im Deutschlandfunk, sie sei davon überzeugt, dass Wulff "nach einigen Tagen der Überlegung" zu dem Schluss komme, dass er die Anschuldigungen überzeugend aufklären könne. In der CSU herrscht Sorge, dass der Fall Wulff die an diesem Mittwoch beginnende Klausurtagung in Wildbad Kreuth überschattet.

Außer Gröhe fand sich kein führender Unionspolitiker, der Wulff offensiv in Schutz nehmen wollte. Aus Unionskreisen verlautete, selbst Peter Altmaier werde sich nicht mehr äußern. Der Parlamentarische Geschäftsführer hatte vor Weihnachten den Präsidenten noch öffentlich verteidigt. Auch Fraktionschef Volker Kauder werde sich nicht für Wulff einsetzen, weil er das seinerzeit für Karl-Theodor zu Guttenberg getan und damit schlechte Erfahrungen gemacht habe. Ob und was Wulff plant, sei unbekannt, weil er mit niemandem kommuniziere. Ob er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Kontakt sei, sei ebenfalls unklar. Allseits herrsche der Eindruck, Wulff versuche, die Sache auszusitzen.

Die Opposition hielt sich mit Rücktrittsforderungen auffallend zurück. Der Bundespräsident müsse schon selbst wissen, ob er noch die nötige Autorität habe, um als "Konsensfigur und Wertevermittler" aufzutreten, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth der SZ. Im Übrigen liege das Problem nun eher bei Merkel. Sie habe aus der Präsidentenwahl "eine Posten- und Machtfrage gemacht, statt den Konsens zu suchen". Also müsse Merkel sich nun zu den Vorgängen rund um ihren Wunschkandidaten äußern. Wolle Wulff die Affäre nur aussitzen, werde er ein "extrem schwacher Präsident". Schließlich gehe das nur, "wenn Merkel die Hand über ihn hält".

Hinter der Zurückhaltung der Opposition steht offenbar auch die Sorge, allzu starke Kritik an Wulff könnte dessen Rückhalt in Union und FDP eher steigern als schwächen. Unklar ist bislang auch noch, ob SPD und Grüne wieder einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken, sollte Wulff zurücktreten. Dies hänge auch davon ab, ob die Regierung einen konsensfähigen Kandidaten aufbiete, hieß es. 2010 hatten SPD und Grüne gemeinsam den einstigen Chef der Stasi-Unterlagenbehörde, Joachim Gauck, aufgestellt. Eine erneute Kandidatur Gaucks gilt in Kreisen der Grünen als unwahrscheinlich. In der SPD hieß es dagegen, im Falle eines Wulff-Rücktritts werde man Gauck sofort fragen, ob er abermals zur Verfügung stehe.

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