AfD-Parteitag:Petrys Macht schwindet

AfD-Bundesparteitag

Parteivorsitzende Petry auf der Parteitagsbühne

(Foto: dpa)

Der Stuttgarter Parteitag offenbart, wie einflussreich rechtsnationale Kräfte inzwischen in der AfD sind - und wie es um Frauke Petry steht.

Kommentar von Oliver Das Gupta

Im Juli 2015 hat Frauke Petry den AfD-Gründer Bernd Lucke beim Essener Parteitag aus dem Vorsitz gedrängt. Seitdem ist viel passiert. Die Partei zog reihenweise in die Landtage ein, in Umfragen rangiert sie inzwischen als drittstärkste Kraft in Deutschland - eine Erfolgsgeschichte, wie es sie bis dato in der Bundesrepublik noch nicht gegeben hat.

Doch der Erfolg hat Frauke Petrys Stellung in der Partei nicht etwa zementiert, sondern eher destabilisiert. Jetzt, da die AfD in mehreren Landtagen sitzt, debattiert sie intern über ihren Kurs. Es geht vor allem um die Frage, wie rechts die AfD sein soll. Petry, die vor knapp einem Jahr noch Lucke ausbooten konnte, gehört nun eher zu den Gemäßigten im Vergleich zu den rechtsnationalen und teils völkischen Strömungen. Ihre Vorstellungen gehen vielen ihrer Parteifreunde offenbar nicht mehr weit genug.

Im Vorfeld des Stuttgarter Parteitags sprach Petry von einer "roten Linie". Sie sprach davon, dass sich die Partei entscheiden müsse, ob sie konservativ und liberal oder rechtsnational-sozial sein wolle. Dahinter steckte eine Rücktrittsdrohung für den Fall, dass die Partei noch weiter nach rechts rutscht. Der Parteitag offenbart nun, wie stark diese rechtsrotierenden Kräfte geworden sind - und wie der Einfluss von Petry auf den Kurs ihrer Partei schrumpft.

Die AfD-Delegierten sprechen dem Islam nicht nur Reformfähigkeit ab. Sie scheinen auch gar nicht zu wollen, dass er sich modernisiert. Dann käme ihnen ihr Feindbild abhanden. Faktisch läuft das auf ein Integrationsverbot hinaus. Wie passt das zu den Aussagen Petrys vor wenigen Tagen, wonach gut integrierte Muslime sehr wohl zu Deutschland gehörten? Gar nicht.

Zwar hat der Parteitag besonders radikale Passagen zur Zuwanderung gestrichen und die angeordnete Auflösung des saarländischen Landesverbands gebilligt, deren Führung freundschaftliche Kontakte zur rechtsextremen NPD pflegte. Aber gerade diese Abstimmung zeigt, mit welcher Lust die AfD-Delegierten am Stuhl der Parteichefin sägen. Statt eines klaren Votums gab es eine hauchdünne Mehrheit von 51 Prozent. Knapp 49 Prozent sprachen sich gegen eine Auflösung aus oder wollten ihr nicht zustimmen.

Petry hat in einem Punkt Glück

An diesem Ergebnis lässt sich ablesen, wie gespalten die AfD ist, wenn es um den Umgang mit ihrem rechten Rand geht. Und es zeigt, welchen Rückhalt der rechte Parteiflügel um den Thüringer Björn Höcke genießt, der im Vorfeld die Auflösung kritisiert hatte.

Nun rächt es sich, dass Petry die Partei nicht frühzeitig klar und glaubhaft nach rechts hin abgegrenzt hat. Es hätte mehrere Gelegenheiten gegeben, etwa die rassistischen Aussagen Höckes über Afrikaner. Petrys interne Machtposition erodiert seit einiger Zeit zusehends. Im Parteivorstand isoliert sie sich durch eigenmächtige Volten, auf manchen Parteiveranstaltungen wird nicht mal mehr ihr Name genannt.

Der Parteitag in Stuttgart ist ein weiteres Fanal für Petrys Machtverlust bei der Basis. Statt ihr punkten andere. Ihr ansonsten farbloser Co-Sprecher Jörg Meuthen wird für seine Parteitagsrede umjubelt. Der Applaus für Petry fällt deutlich leiser aus. Während sie spricht, gibt der Parteirechte Höcke demonstrativ Interviews.

Die große Zustimmung zum Anti-Islam-Kurs ist vor allem ein Triumph für Beatrix von Storch. Es war die Idee der stellvertretenden Parteichefin und Europaabgeordneten, die AfD auf das Thema auszurichten. Storch und Gauland sind längst nicht mehr auf Petrys Seite. Co-Chef Meuthen, bislang angeblich ein konservativer Wirtschaftsliberaler aus Lucke-Zeiten, stimmt in Stuttgart ein in den Chor derjenigen, die den Islam verteufeln.

Petry kann sich glücklich schätzen, dass auf diesem Parteitag keine Vorstandswahlen anstanden. Die sind erst 2017 wieder fällig. Dann wird es auch darum gehen, wer die AfD in die Bundestagswahl führt. Aber vielleicht schmeißt ja die Parteichefin von sich aus vorher hin. Die Debatte um die Spitzenkandidatur haben Petrys Gegner schon begonnen.

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