Die drei Richter im Prozess gegen die Führungsriege der ägyptischen Muslimbruderschaft haben den Fall überraschend niedergelegt. Ihre Entscheidung begründeten sie bei einer Anhörung mit "Gewissensgründen", erklärten dies jedoch nicht weiter. Der Prozess muss nun von einer anderen Kammer verhandelt werden.
Zuvor hatten sie noch angeordnet, den Bruderschafts-Führer Mohammed Badie, seine beiden Stellvertreter und 32 Mitangeklagte in Gewahrsam zu behalten. Keiner der Beschuldigten wurde dem Gericht am Dienstag vorgeführt. Ihnen wird Anstiftung zum Mord an neun Menschen vorgeworfen, die im Juni vor dem Hauptquartier der Muslimbrüder in Kairo demonstriert hatten. Ihnen droht die Todesstrafe.
Nach dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär gingen die ägyptischen Behörden mit äußerster Härte gegen die Muslimbrüder vor. Bei der gewaltsamen Räumung zweier Protestlager Mitte August wurden hunderte Menschen getötet.
Ein Gericht in Kairo verbot im vergangenen Monat alle Aktivitäten der Organisation sowie alle ihre Ableger und ließ ihre Besitztümer beschlagnahmen. Die Bruderschaft, deren Reihen auch Mursi entstammt, verurteilte den Schritt als "korrupte und politisch motivierte Entscheidung", die sie aber nicht zerschlagen könne. Gegen Mursi soll am 4. November ein Strafverfahren beginnen, mit einer ähnlichen Anklage wie gegen die Führer der Bruderschaft.