12 Jahre Haft für Babar Ahmad:Pate des Online-Dschihad in den USA verurteilt

Babar Ahmad appears in U.S. District Court in New Haven

Babar Ahmad vor Gericht - er wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

(Foto: Reuters)

Er sammelte Spenden für die Taliban und rief zum "Heiligen Krieg auf": Babar Ahmad ist der Kopf hinter der ersten englischen Internetseite, die sich dem Dschihad widmete. Nun wurde er zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Doch seine Geschichte ist weit komplizierter, als es scheint.

Babar Ahmad gilt als einer der wichtigsten Vordenker im Terrorismus, als Pate des Online-Dschihad. Er ist ein Mann, der nach Meinung vieler hinter Gitter gehört. Schließlich hat er 2013 selbst zugegeben, die Taliban über das Internet unterstützt zu haben. Dafür wurde er nun von einem US-Gericht zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt - allerdings könnte er schon sehr bald wieder frei sein. Denn seine Geschichte ist weit komplizierter, als es scheint.

Der BBC-Journalist Dominic Casciani begleitet den aus London stammenden Babar Ahmad schon seit Jahren. Er erzählt in einem eindrucksvollem Porträt dessen Lebensgeschichte, die einzigartig scheint, gleichzeitig aber exemplarisch ist für andere Muslime in Ahmads Alter, die sich für den "Heiligen Krieg" im Namen des Islams entschieden haben. Nicht umsonst bezeichnet Casciani den 40-Jährigen als "Gesicht und Stimme der Generation Dschihad".

Anfang der neunziger Jahre gründet Babar Ahmad im Londoner Bezirk Tooting eine muslimische Lerngruppe. Er, selbst noch Jugendlicher, wird zur Bezugsperson für andere junge Muslime, wie Casciani beschreibt:

"Ahmad came from an upwardly-mobile British-Pakistani home with education and ambition at its core. His mother was a teacher and his father a civil servant. Ahmad was a natural leader - and those skills came out in the Tooting Circle where he would tell his peers about how to live a good and honourable life, following the model of the prophet Mohammad."

Doch Ahmad verändert sich. Mit Beginn des Bosnien-Krieges 1992 sieht er im Fernsehen Bilder, die zeigen wie Serben Muslime töten. "Die Muslime in Großbritannien hatten das Gefühl, vor ihrer Haustür finde ein Völkermord statt", schreibt Casciani. Besonders unter jungen Gläubigen bricht eine Debatte los über ihren Platz in der westlichen Gesellschaft. Ein muslimischer Gläubiger und ehemaliger Kämpfer des Dschihad erklärt dem Journalisten, was damals vorging:

"We were living and being brought up in an increasingly secular post-religious Western British environment. And that had caused an identity crisis. Many of our generation decided to solve this identity crisis by firmly adopting political Islam and becoming not only devout Muslims but highly politicised Muslims and connecting with that resurgence of political Islam around the world."

Im Alter von 18 Jahren geht Babar Ahmad nach Bosnien, um zu kämpfen. Nach drei Jahren kehrt er zurück. Für viele ist er ein Held, weil er das Leben anderer gerettet hat. Doch in seinem Leben findet eine dramatische Wendung statt. 1996 nimmt er die Internetseite Azzam in Betrieb - die erste englische Internetseite, die sich dem Dschihad widmet. Seine Videos über den Kampf in Bosnien verbreiten sich im Netz. Er sammelt Spenden für die Taliban. Die Internetseite verändert die Möglichkeiten des Dschihad, wie ein Mitarbeiter des amerikanischen Heimatschutzministeriums beschreibt:

"The advocacy, the recruitment, the proselytising and the support of terrorists had found a new medium, a new method of communication through the internet. (...) You don't have to be pulling a trigger or releasing the power of an IED to be supporting terrorism."

Im August 2004 wird Ahmad in London festgenommen. Acht Jahre sitzt er in einem britischen Gefängnis. In dieser Zeit gelingt es dem BBC-Journalisten Casciani, ein Interview mit Ahmad zu führen. Darin zeigt dieser sich schockiert über die Anschläge vom 11. September 2001 in New York und der Explosion mehrerer Bomben am 7. Juli 2005 in London.

Weil der Anbieter, der seine Internetseite bereitstellt, in Amerika sitzt, fordert die USA Ahmads Auslieferung. Er kämpft jedoch dafür, in Großbritannien vor Gericht gestellt zu werden und findet viele Unterstützer.

Doch Babar Ahmad hat keinen Erfolg. 2012 wird er den amerikanischen Behörden übergeben und in Connecticut vor Gericht gestellt. Er zeigt Reue, erklärt durch die Unterstützung der Taliban einen Fehler begangen zu haben. Den Vorwurf, mit dem Terrornetzwerk al-Qaida sympathisiert zu haben, weist er von sich. Entsprechende Beweise gibt es nicht. Trotzdem fordert die Staatsanwaltschaft 25 Jahre Haft. Doch dem kommt die Richterin nicht nach:

"Sentencing Ahmad, the judge said she had to weigh the seriousness of the crime with his good character, after reading thousands of letters of support and hearing from British prison officials who described him as an exemplary prisoner. She said Ahmad was not an operational terrorist, showed he posed no threat to the public and exhibited remorse for setting up websites that promoted jihad."

Die zehn Jahre, die Ahmad im Gefängnis gesessen hat, werden auf die Haftstrafe angerechnet. Den Rest der Zeit wird er in den USA absitzen - bei guter Führung könnte er jedoch schon in knapp einem Jahr wieder frei sein und zurück nach Großbritannien reisen.

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