Sachsen-Anhalt:„Irrweg der Moderne“ – AfD attackiert Bauhaus

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Zu den Bauhaus-Bauten in Dessau zählt das Kornhaus. Das Ausflugslokal an der Elbe wurde 1930 eröffnet, sein Blickfang ist der gläserne runde Wintergarten. (Foto: Ronny Hartmann/Getty Images)

Kommendes Jahr feiert Dessau 100 Jahre Bauhaus – die rechtsextremistische AfD sieht im Unesco-Weltkulturerbe „Einheitsbrei“ und historische Bausünden.

Von Iris Mayer, Leipzig

2025 feiert das Bauhaus in Dessau sein 100-jähriges Bestehen – und pünktlich startet die AfD-Fraktion einen Angriff auf das Bauhaus-Erbe, das weltweit als Ikone der modernen Architektur bewundert wird. In einem Antrag, der am Freitag im Landtag in Magdeburg debattiert werden soll, fordert die AfD-Fraktion die Landesregierung auf, die konzeptionelle Ausrichtung des Jubiläums der Bauhausschule am Standort Dessau neu zu bewerten und eine „einseitige Glorifizierung“ des Bauhaus-Erbes zu verhindern. Zuerst hatte die Mitteldeutsche Zeitung berichtet.

Unter dem Titel „Irrweg der Moderne“ ist in dem Antrag die Rede von historischen Bausünden und fragwürdigen Werten. Die pauschale Reduktion auf das Funktionale könne „als Entfremdung des Menschen von seiner Umwelt gewertet werden“. Der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Landesverband beklagt weiter eine Nähe der Bauhaus-Bewegung zum Kommunismus und stellt in dem Antrag die Frage, „inwieweit eine solche Ideologisierung von Kunst und Architektur langfristig negative gesellschaftliche Auswirkungen hatte und weiterhin haben könnte“.

Die Bauhaus-Bauten in Dessau sind eine touristische Attraktion

Die Nationalsozialisten hatten das Bauhaus 1932 in Dessau geschlossen und viele Werke als „entartete Kunst“ geächtet. In der Stiftung Bauhaus Dessau wird seit Jahren wissenschaftlich sowohl die Verfolgung als auch die Verstrickung von Bauhaus-Künstlern in den Nationalsozialismus eingeordnet. Die Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau, Barbara Steiner, sagte auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung, ein kritischer Diskurs über die historische Bedeutung des Bauhaus-Erbes sei notwendig und Selbstverpflichtung der Stiftung, man werde gewiss keine „einseitige Glorifizierung“ vornehmen. „Die Bauhaus-Gebäude in Dessau ziehen jährlich weit über hunderttausend Menschen aus aller Welt an. Gäbe es diese Bauten nicht, würden der Tourismus in Stadt und Land, und damit die Menschen vor Ort, wesentliche wirtschaftliche Einbußen erleiden.“

Als Teil des Unesco-Weltkulturerbes werde diesen Bauten ein hoher Wert zugesprochen. Die AfD beklagt in ihrem Antrag dagegen, die internationale Verbreitung des Bauhaus-Stils führe zu „Einheitsbrei“ und sei letztlich der kulturellen Vielfalt abträglich. Dazu entgegnete Steiner, negative Entwicklungen im Bauen hätten mit der Industrialisierung des Bauens zu tun, eine beklagte „menschenfeindliche Architektur“ sei daher eher der Ausdruck einer Rationalisierung und Ökonomisierung.

Die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora erklärte, die AfD lasse die völkische Sicht auf das Bauen im Landesparlament wieder aufleben. Bereits im April hatte die AfD als größte Oppositionspartei im Landtag von Sachsen-Anhalt gefordert, einen Caspar-David-Friedrich-Preis auszuloben, um Beiträge für eine „spezifisch deutsche Malerei“ zu fördern. Der Antrag wurde abgelehnt, der Abgeordnete Hans-Thomas Tillschneider pöbelte in dieser Debatte auch gegen das Bauhaus, es sei „von einer abgrundtiefen Hässlichkeit und hat Bausünden verbrochen; es ist unerträglich anzuschauen“.

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