1. Mai in Berlin:Kritik an aggressiver Polizei

1. Mai in Berlin: Am Kottbusser Tor kam es Montagabend zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Teilnehmern der meist linken Demonstrationen.

Am Kottbusser Tor kam es Montagabend zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Teilnehmern der meist linken Demonstrationen.

(Foto: Kay Nietfeld/DPA)

Bei Kundgebungen zum 1. Mai gehen Beamte in Berlin mit Pfefferspray und Schlagstöcken gegen Passanten vor. Dabei ist der Tag laut Polizei "erstaunlich friedlich" gewesen.

Die Begriffe Gewalt und 1. Mai gehören offenbar in Berlin nicht mehr automatisch zusammen. "Im vergangenen Jahr haben wir vom friedlichsten Mai seit langem gesprochen. Diese Aussage kann ich heute wiederholen", twitterte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Dienstag. "Und auf diejenigen, die Gewalt ausgeübt haben bzw. ausüben wollten, waren wir sehr gut vorbereitet." Die Polizei wurde anders als in allen früheren Jahren seit 1987 nicht angegriffen. Steinwürfe und Flaschenwürfe aus der Demonstration blieben weitgehend aus.

Nach einer ersten Bilanz der Polizei hatten etwa 28 000 Menschen an insgesamt 19 Demonstrationen teilgenommen, darunter waren einige von linken politischen Gruppe organisiert. 7100 Polizistinnen und Polizisten waren demnach am 1. Mai im Einsatz, davon knapp 2600 aus anderen Bundesländern. Nach Polizeiangaben wurden 58 Männer und neun Frauen vorläufig festgenommen.

Beamte sprühen Pfefferspray auf Menschen, die friedlich am Straßenrand stehen

Es seien 99 Verfahren eingeleitet worden, teilte die Polizei mit. Dabei gehe es um Vorwürfe wie Landfriedensbruch, Widerstands gegen und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Gefangenenbefreiung oder Sachbeschädigung und gefährlicher Körperverletzung. Demnach wurden neun Polizisten verletzt, meist hätten sie Prellungen davon getragen. Fast alle Vorfälle ereigneten sich im Zusammenhang mit der sogenannten revolutionären 1. Mai-Demonstration. Die Zusammenfassung der Polizei: Es war erstaunlich friedlich.

Stattdessen gibt es Debatten über aggressives Auftreten von Polizisten in Kreuzberg. Eine zehn Sekunden lange Videosequenz zeigt, wie Polizisten aus Mecklenburg-Vorpommern am späten Abend Menschen von der Oranienstraße vertreiben wollen, um die Straße wieder für den Autoverkehr frei zu machen. Ohne weiteren Anlass sprühen sie Pfefferspray auf friedlich am Straßenrand stehende Menschen, stoßen einen betrunkenen Mann brutal auf den Boden, schubsen andere weg.

Mehrfach lief die Polizeieinheit mit Schlagstöcken und Pfeffersprayflaschen in den Händen die Straße aggressiv auf und ab. Der Polizeiführer schrie: "Runter von der Straße, runter von der Straße." Dieses Auftreten trug dazu bei, dass die Stimmung, die zuvor entspannt war, wieder aufgeheizt wurde. Es kam zu Sprechchören gegen die Polizei, später warfen Menschen auch einige Flaschen in Richtung von Polizisten.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verteidigte den Einsatz: "Sich aber jetzt schon davon ein Bild machen zu können, ist anmaßend, weil niemand sieht, was vorher war und in welchem Kontext sich die Kollegen zu den Maßnahmen entschieden haben." Indessen erklärte Polizeipräsidentin Barbara Slowik: "Wir nehmen die Hinweise sehr ernst. Wir werden den Vorfall sehr gründlich aufarbeiten, ganz sicher." Weiter könne sie aber so kurz nach dem Abend noch nichts zu dem Thema sagen.

In Hamburg wird ein Mann schwer verletzt

In Hamburg blieb es bei Demonstrationen vorwiegend linker Gruppen friedlich - bis zum späten Nachmittag. Da kam es zu einem Zwischenfall, bei dem ein Demonstrant schwer verletzt wurde. Auf Videoaufnahmen ist der Moment zu sehen, als Demonstrantinnen und Demonstranten offenbar versuchen an der Station Schlump im Schanzenviertel vor der Polizei wegzurennen. Dabei rempelt ein Beamter einen Demonstranten heftig an. Der Mann stürzte auf die Straße, er erlitt einen Krampfanfall und musste vom Rettungsdienst versorgt werden.

Den Tag über waren mehrere tausend Menschen unter großem Polizeiaufgebot durch die Hansestadt gezogen. So waren 3000 Menschen dem Aufruf "Wir können und wollen uns die Reichen nicht mehr leisten" gefolgt und zogen gemeinsam durch die beiden teuren Stadtteile Harvestehude und Pöseldorf.

Die Kundgebung des vom Verfassungsschutz als gewaltorientiert eingestuften "Roten Aufbaus" zog erst gar nicht los, weil zahlreiche Teilnehmer und Teilnehmerinnen sich vermummt hatten und die Polizei deswegen die Demo gestoppt hatte.

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