Süddeutsche Zeitung

Zweiter toter Säugling gefunden:Was können Babyklappen wirklich leisten?

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Nach den beiden toten Neugeborenen in Karlsruhe und Hannover stehen Babyklappen erneut in der Kritik. Welche Möglichkeiten bieten sie, um Kinder zu schützen?

Annika Stähle

sueddeutsche.de: Frau Mehner, Sie sind Vorsitzende des Vereins "Kaleb" in Dresden und sind somit auch für dessen Babyklappe zuständig. Kam es bei Ihnen schon einmal vor, dass ein Baby tot in der Klappe gefunden wurde?

Margret Mehner: Ja leider. Eines lag tot in einem Schukarton, der allerdings nicht in die Klappe gestellt wurde, sondern davor. Das Alarmsystem greift nur, wenn die Klappe wirklich geöffnet wird. Das Kind wurde um zwölf Uhr in der Nacht abgegeben und von Nachbarn entdeckt. Allles was wir tun konnten, war, es zu beerdigen und die Bevölkerung zu sensibilisieren, auch für die Nöte der Mütter.

sueddeutsche.de: Wie können solche Vorfälle verhindert werden?

Margret Mehner: Gar nicht. Wir können nichts dagegen tun, dass eine Frau ihr Baby neben die Klappe stellt. Natürlich könnten wir hier eine Videokamera installieren, aber das lehnen wir kategorisch ab. Wir sind der Meinung, dass Prävention sehr wichtig ist. Wir wollen aufklären über das Verhältnis zwischen Mutter und Kind und versuchen eine starke Bindung zwischen den beiden zu forcieren. Das ist neben der Betreuung der Babyklappe eine unserer Hauptaufgaben bei Kaleb.

sueddeutsche.de: Wie muss man sich ihre Babyklappe vorstellen?

Margret Mehner: Unsere Babyklappe befindet sich in Dresden, in der Tordurchfahrt unseres Wohnhauses. Die Mütter sollen sich nicht gestört oder beobachtet fühlen, darum machen wir so wenig Aufhebens wie möglich. Auch die Beschilderung ist sehr dezent. Bekannt ist unsere Einrichtung durch Zeitungsartikel und Bekanntmachungen in der örtlichen Medien.

sueddeutsche.de: Wie funktioniert die Alarmierung, wenn ein Kind abgegeben wird?

Margret Mehner: Wir arbeiten sehr eng mit einem Dienstleister zusammen. Diese Firma überwacht die Babyklappe 24 Stunden an sieben Tagen der Woche. Sobald die Klappe geöffnet wird, wird ein Impuls an die Firma übertragen. Mithilfe der Überwachungskamera können sie nachschauen, ob wirklich ein Baby in der Klappe liegt oder ob es sich um einen falschen Alarm handelt - oft öffnen Leute die Klappe nur aus Neugier. Die Videoaufnahmen werden nur von dem Wärmebettchen gemacht, das in der Klappe steht. Auch hier gilt: äußerte Diskretion.

sueddeutsche.de: Wie erfahren Sie davon?

Margret Mehner:Liegt ein Kind in der Klappe, werden wir per Telefon verständigt. Eine von fünf ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen hat immer ersten Dienst. Das bedeutet, dass das Handy immer in Reichweite bleibt, auch beim Schlafen. Eine zweite Mitarbeiterin wird im Ernstfall später gerufen - als Unterstützung sozusagen. Wir sind also immer bereit, obwohl in den ganzen sechseinhalb Jahren, seit Gründung der Babyklappe, "nur" fünf Kinder abgegeben wurden.

sueddeutsche.de: Können Sie sich vorstellen, dass Babyklappen kaputt gehen und Mütter infolgedessen gar andere keine Wahl haben, als ihr Kind vor die Klappe zu legen?

Margret Mehner: Nein, das kann ich mir, zumindest bei uns, nicht vorstellen. Unsere Klappe besteht aus einem Metallgerüst, das sehr widerstandsfähig ist. Die Hydraulik wird auch regelmäßig überprüft. Ich denke, da liegt das kleinste Problem. Wie es bei anderen funktioniert, kann ich nicht beurteilen.

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