Zugunglück in Viareggio:Erste Opfer identifiziert

Der Schuttberg ist noch nicht weg - in toskanischen Viareggio geht die Suche nach verschütteten Opfern des Zugunglücks weiter.

Die Flammen in Viareggio sind gelöscht, der Staub der Trümmer legt sich - was bleibt, ist die Unklarheit über die tatsächliche Zahl der Opfer, der Verletzten und der Vermissten. Nach dem Inferno im Bahnhof von Viareggio in der Toskana haben Gerichtsmediziner nun die ersten drei Opfer identifiziert. Das berichtete die Agentur Ansa in der Nacht zum Mittwoch.

Zugunglück in Viareggio: Zerfressen von den Flammen lagen fünf der 14 Waggons des Güterzugs im teilweise deformierten Gleisbett.

Zerfressen von den Flammen lagen fünf der 14 Waggons des Güterzugs im teilweise deformierten Gleisbett.

(Foto: Foto: dpa)

Bei der Explosion eines mit Flüssiggas betankten Kesselwaggons waren mindestens 16 Menschen ums Leben gekommen - mindestens 13 weitere schweben mit schwersten Verbrennungen in Lebensgefahr. Auch mehr als 24 Stunden nach dem Unglück war die genaue Zahl der Todesopfer noch unklar. In der Nacht zum Mittwoch sind aber zwei Kleinkinder im Krankenhaus ihren schweren Verbrennungen erlegen. Italienische Medien berichten, dass Leichen auf der Straße gelegen haben, die durch die Explosion aus ihren Häusern geschleudert wurden oder flüchten wollten - alles habe gebrannt. Aus einem Tankwaggon lief nach der Entgleisung des Zuges Flüssiggas in die nahe der Bahnstation gelegenen Häuser, die daraufhin explodierten. Den Angaben zufolge gab es drei Detonationen. Zeugen berichteten der italienischen Nachrichtenagentur Ansa, wie sich eine Frau, die auf ihrem Motorroller unterwegs war, nach der Explosion auf den Boden warf, um ihre brennende Kleidung zu löschen. Etwa 1000 Menschen wurden in Sicherheit gebracht.

"Es handelt sich um eines der schlimmsten Unglücke des italienischen Eisenbahnsektors", sagte der Chef des Zivilschutzes, Guido Bertolaso, am Unglücksort. Nach Verschütteten solle im Schutt der durch die Explosion zerstörten Häuser gegraben werden, "bis wir sicher sind, dass dort keine Menschen mehr liegen", versprach Bertolaso. Die Bahnlinie soll noch zwei Tage unterbrochen sein.

Sicherung der Gasbehälter

Die Zahl der Opfer wird nach Angaben von Feuerwehr und Präfektur wahrscheinlich noch steigen. "Die Gefahr ist noch nicht vorüber", warnte Bertolaso. "Es liegen noch 13 Gasbehälter mit jeweils 30 Kubikmeter Flüssiggas auf den Schienen, vier davon umgekippt. Die Zisternen müssen entleert werden. Das ist eine hochgefährliche Situation", sagte Bertolaso. Die Feuerwehr werde die entgleisten Flüssiggas-Waggons sichern und abtransportieren.

Experten nehmen an, dass der Bruch einer Waggonachse die Katastrophe verursacht hat. Die Vorderachse habe bei der Durchfahrt des Zuges mit insgesamt 14 Waggons nachgegeben. "Infolge des Schadens ist der Waggon entgleist und Flüssiggas ausgetreten, das dann im Kontakt mit der Luft zu einer Gaswolke geworden ist. Ein Funke könnte die Explosion verursacht haben", erklärte Sergio Basti, Ingenieur und Leiter der Notfallzentrale der Feuerwehr. Der Unfall sei nicht auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen: Der Zug habe den Bahnhof mit einem Tempo von etwa 90 Stundenkilometern und damit vorschriftsmäßig passiert.

Ministerpräsident Silvio Berlusconi sagte, der in der Nacht entgleiste und explodierte Wagen amerikanischer Bauart sei ordnungsgemäß gewartet gewesen, mit der nächsten fälligen Prüfung im Dezember 2009. Das Verkehrsministerium leitete Ermittlungen ein.

Papst Benedikt XVI. hat unterdessen seine Trauer über das schwere Zugunglück in der Toskana bekundet und im Vatikan für die Toten und für die Gesundung der Verletzten gebetet.

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