Zugunglück in Sachsen-Anhalt:Lokführer soll zwei Haltesignale übersehen haben

Lesezeit: 2 min

Nach dem Zusammenstoß zweier Züge bei Hordorf verschärfen sich die Vorwürfe gegen den Lokführer des Güterzugs. Einem ersten Ermittlungsbericht zufolge missachtete er zwei Haltesignale.

Nach dem schweren Zugunfall in Sachsen-Anhalt mit zehn Toten verschärfen sich die Vorwürfe gegen den Lokführer des Güterzuges. Er soll zwei Haltesignale übersehen haben.

Trauer nach Zugunfall in Sachsen-Anhalt: Zum Gedenken an die Opfer wurden am Unglücksort ein Holzkreuz, Blumen und Kerzen aufgestellt. (Foto: dapd)

Die Staatsanwaltschaft Magdeburg leitete am Montag gegen den 40-Jährigen ein Ermittlungsverfahren ein. Es bestehe ein "Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung, fahrlässigen Körperverletzung und der Gefährdung des Bahnverkehrs", erklärte die Polizei in Magdeburg. Schon am Wochenende hatte es Hinweise gegeben, der 40-Jährige sei möglicherweise nicht im Führerhaus gewesen.

Die Bild-Zeitung berichtet indes, dass der Zugführer vor dem Zusammenstoß mit einem Regionalzug zwei Haltesignale missachtet habe. Das gehe aus einem Bericht von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) an den Verkehrsausschuss des Bundestages hervor, der dem Blatt nach eigenen Angaben vorliegt. Sprecher der Bundespolizei und der Magdeburger Polizei wollten dazu in der Nacht zum Dienstag nichts sagen.

Dem Bericht zufolge passierte der von der zweigleisigen Strecke aus Richtung Halberstadt kommende Güterzug am Samstagabend "sowohl das Einfahrvorsignal in der Stellung 'Halt erwarten' sowie das anschließende Halt zeigende Hauptsignal B, ohne diese zu beachten".

Die Weichen standen laut Bild für die Durchfahrt des Personenzugs bereit. Entsprechend sei das Signal für den Regionalzug "auf Fahrt" eingestellt gewesen.

Auf der anschließend eingleisigen Strecke stieß der Güterzug dann im dichten Nebel bei Hordorf frontal mit dem Nahverkehrszug Harz-Elbe-Express (HEX) zusammen.

Möglicherweise hat der bei dem Unfall getötete 35-jährige Lokführer des Regionalzugs ein noch größeres Unglück verhindert. Dem Bericht zufolge hat er in einer Schnellbremsung die Geschwindigkeit von 98 auf 66 Kilometer pro Stunde gedrosselt.

Bei der Aufklärung des Unglücks erwartet die Polizei Ergebnisse der Auswertung der beiden Fahrtenschreiber frühestens im Verlauf der Woche. Der Lokführer des Güterzugs soll in den nächsten Tagen befragt werden. Die gesperrte Strecke soll nach Bahn-Angaben von diesem Dienstagmorgen wieder befahrbar sein. Zum Gedenken an die Opfer wurden am Unglücksort ein Holzkreuz und Kerzen aufgestellt.

Die Deutsche Bahn zieht derweil ihre Konsequenzen aus dem Unglück und will schnellstmöglich mehr eingleisige Strecken mit moderner Sicherungstechnik ausstatten. "Da ist Handlungsbedarf", sagte Bahnchef Rüdiger Grube am Montagabend in der ARD-Sendung Beckmann.

Dies gelte vor allem für Ostdeutschland. Der Konzern wolle alle eingleisigen Strecken analysieren und wo nötig den Einbau eines automatischen Bremssystems aus eigenen Mitteln finanzieren. Er wolle nicht auf Bundesministerien warten, sagte Grube.

Vom knapp 34.000 Kilometer langen Schienennetz, das die Bahn betreibt, sind etwa 15.000 Kilometer eingleisig.

Am Samstagabend war der Harz-Elbe-Express (HEX) auf eingleisiger Strecke frontal in den Güterzug gerast und von den Schienen geschleudert worden. Dabei starben zehn Menschen, 23 wurden schwer verletzt.

Grube erläuterte, an der Unglücksstelle sei der Einbau der "Punktförmigen Zugbeeinflussung" (PZB) für März vorgesehen gewesen. Das Sicherungssystem, das Züge bei der Fahrt über ein Haltesignal automatisch stoppt, sei dort nicht vorgeschrieben.

© sueddeutsche/dpa/AFP/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: