Zugunglück in Sachsen-Anhalt:Alle Todesopfer identifiziert

Drei Tage nach dem Zusammenstoß zweier Züge bei Hordorf ist die Identität aller zehn Todesopfer geklärt - unter ihnen ist ein zwölfjähriges Mädchen sowie der Lokführer des Personenzugs. Der 35-Jährige verhinderte vermutlich noch Schlimmeres.

Drei Tage nach dem Zugunglück bei Hordorf sind alle zehn Todesopfer identifiziert worden. Es handele sich um vier Frauen und sechs Männer, teilten die Staatsanwaltschaft und die Polizei in Magdeburg mit. Neun Opfer kommen aus dem Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt, ein Opfer - der 35 Jahre alte Lokführer des Personenzugs - aus Mecklenburg-Vorpommern.

Strecke nach Zugunglück bei Hordorf  wieder frei

Der Lokführer des Personenzugs leitete wenige Sekunden vor dem Zusammenstoß eine Schnellbremsung ein, der den Harz-Elbe-Express von etwa 98 Kilometer pro Stunde auf etwa 66 Kilometer abbremste. Damit rettete er vermutlich vielen weiteren Passagieren das Leben.

(Foto: dpa)

Der aus Schwerin stammende Mann hatte möglicherweise eine noch größere Katastrophe verhindert: Ohne die von ihm eingeleitete Schnellbremsung hätte es wahrscheinlich noch mehr Opfer gegeben, berichtete die Bild-Zeitung unter Berufung auf einen Bericht des Bundesverkehrsministeriums an den Verkehrsausschuss des Bundestags.

Daraus geht außerdem hervor, dass der Fahrer des Güterzuges, der mit dem Harz-Elbe-Express zusammengestoßen war, offenbar zwei Signale überfahren hatte. Gegen den 40-Jährigen wird unter anderem wegen fahrlässiger Tötung ermittelt.

Das jüngste Todesopfer ist ein zwölfjähriges Mädchen, bei dem ältesten Opfer handelt es sich um einen 74-Jährigen. Spezialisten von Landespolizei, Landes- und Bundeskriminalamt hätten die Getöteten zweifelsfrei identifiziert, hieß es weiter.

Rechtsmediziner setzten bei ihren Untersuchungen auch auf den Zahnstatus und die DNA der Opfer. In einigen Fällen sei eine Identifizierung der Getöteten durch Hinterbliebene nicht zu verantworten gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes würden keine weiteren Angaben über Opfer oder deren Angehörige gemacht.

Zehnjährige kämpft um ihr Leben

Zehn Verletzte werden noch im Krankenhaus behandelt. Der Zustand von zwei Insassen, darunter eine Zehnjährige, ist kritisch. Das Kind hat nach Informationen von Radio Brocken bei dem Unfall ihre Eltern und eine Schwester verloren.

Die Strecke war nicht mit einem Sicherheitssystem ausgestattet, das die Züge automatisch stoppt, wenn sie ein Haltesignal überfahren. Dieses System war für die Bahnlinie Magdeburg-Halberstadt erst ab März geplant. Die Unglücksstrecke ist nach Angaben der Bundespolizei seit Montagabend für den Bahnverkehr wieder freigegeben worden.

Land und Kirchen in Sachsen-Anhalt planen eine gemeinsame Trauerfeier beziehungsweise einen Gottesdienst. Ort und Zeit stünden noch nicht fest, sagte ein Sprecher der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Möglicherweise soll am Samstag in Halberstadt oder Oschersleben der Opfer des folgenschweren Bahnunfalls gedacht werden.

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