Zoo in Kairo:Tierelend mit Tradition

Der berühmte Zoo von Kairo kostet nur zwölf Cent Eintritt. Davon müssen 7000 Tiere am Leben gehalten werden. Tierschützer kritisieren die unhaltbaren Zustände.

Karin El Minawi

Das sind Lügen, lächerlich", sagt Nabil Sedki. "Unsere Wärter haben keine Tiere geschlachtet und sie haben sie schon gar nicht verspeist. Und das Fleisch-Viehfutter - das essen die Wärter auch nicht."

Zoo Kairo; Reuters

Diesem Elefanten im Kairoer Zoo geht es noch recht gut - er darf sich über eine kühlende Dusche freuen.

(Foto: Foto: Reuters)

Der Direktor des Kairoer Giza Zoos hat große Sorgen. In lokalen Zeitungen heißt es, in den letzten drei Jahren seien mehr als 400 Tiere aus dem größten Zoo Nordafrikas verschwunden: verkauft oder geschlachtet. Direktor Sedki bestreitet all das.

Dass der Zoo sich in einem schlechten Zustand befindet, gibt er allerdings zu. Und dass vielleicht vor seiner Zeit das ein oder andere Tier abhandengekommen sein könnte, will er auch nicht ausschließen. Er selbst hat den Posten vor einem Jahr übernommen.

Der 1891 eröffnete Kairoer Zoo ist ein Vermächtnis von Khedive Ismail, dem osmanischen Vizekönig Ägyptens. Er hatte den Tierpark seinem Harem geschenkt - der Zoo wurde deswegen auch "Garten des Vergnügens" genannt. Um seine Konkubinen zu beeindrucken, importierte der Herrscher aus Indien, Zentralafrika und Südamerika exotische Pflanzen.

Geschockte Besucher

Auf einer Fläche von 28 Fußballfeldern ließ er Teiche und Brücken anlegen. Er baute Grotten und Käfige im viktorianischen Stil für die Tiere - die meisten stammten aus seinem privaten Gehege. Doch die Zeiten, in denen nur ein paar Haremsdamen durch den Tiergarten spazierten, sind vorbei: Täglich besuchen mehr als 25.000 Menschen den Kairoer Zoo, an Wochenenden und Feiertagen sind es bis zu 90.000. Es ist ein billiges Vergnügen: Der Eintritt kostet gerade einmal umgerechnet zwölf Cent.

Großfamilien machen hier Picknick, Kinder spielen Fußball, werfen mit Erdnüssen nach den Tieren. Wer genügend Bakschisch bezahlt, darf die Tiere füttern oder auch die Löwenbabys in den Arm nehmen. Mutige Besucher können ganz nah an den Käfig und den Löwen provozieren, bis er brüllt. Oder sie dürfen dem Nilpferd die Barthaare streicheln - alles eine Frage des Trinkgelds.

Der traditionsreiche Zoo, im Stadtteil Gizeh direkt neben der Universität Kairo gelegen, platzt aus allen Nähten. Er beherbergt mehr als 7000 Tiere. Es gibt angeblich mehrere hundert Arten, einige von ihnen sind vom Aussterben bedroht. Die meisten Tiere leben eingepfercht in engen Käfigen. Sie haben kaum Bewegungsfreiheit und sind mit Fußketten an den Boden gefesselt. Ausländische Besucher, die auf dem Weg zu den Pyramiden hier gerne einen Zwischenstopp im Zoo einlegen, sind immer wieder schockiert, wenn sie sich ein Bild von den traurigen Verhältnissen machen.

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Tierelend mit Tradition

Fußketten und Gitter

Wegen der vielen Beschwerden wurde dem Zoo 2003 die Mitgliedschaft in der Waza, dem internationalen Dachverband aller größeren Zoos und Aquarien der Welt, gekündigt - ein schwerer Prestigeverlust.

"Mit Recht, der Zoo ist eine Katastrophe", sagt Amina Abaza, die Gründerin und Präsidentin von Spare, einem ägyptischen Tierschutzverein. "Die Tiere sind deprimiert und apathisch. Sie können sich nicht bewegen." Sie räumt aber auch ein, dass der neue Zoodirektor sich wenigstens um Besserung bemühe. Er will neue Käfige bauen, Freigehege vergrößern, moderne Tränken kaufen. Und er erlaubt der Tierschützerin und ihrem Team, mit anzupacken. Vorher hatten die Tierschützer striktes Hausverbot im Zoo. "Der letzte Direktor ließ uns immer wieder rauswerfen, weil wir uns über die Zustände beschwert hatten. Ihm waren die Tiere egal", behauptet die Präsidentin des Tierschutzvereins.

Auch internationale Hilfe nimmt der neue Direktor an. Experten entwickeln Pläne, wie der Kairoer Tiergarten seinen früheren Status zurückgewinnen kann und es wieder in den Zoo-Weltverband schafft. Mit der Mitgliedschaft verbunden sind Aufklärungskampagnen und Fortbildungskurse für das Personal. So sollen die Angestellten mit internationalen Standards vertraut gemacht werden.

Aber die Kairoer Tierpfleger müssen nicht nur besser ausgebildet werden; sie brauchen vor allem höhere Gehälter. Weil ein Tierpfleger nur umgerechnet knapp 20 Euro im Monat verdient, ist er auf das Trinkgeld der Besucher angewiesen, um seine Familie zu ernähren. Der Eintritt soll erhöht werden, um so die Zahl der Besucher zu senken. "Die Ärmeren werden es sich aber immer noch leisten können, den Zoo zu besuchen. Wenn sie aber mehr Eintritt bezahlen müssen, werden sie nicht mehr gegen die Regeln verstoßen und auf die Sauberkeit achten", sagt der Direktor.

Nächtliche Kamelschlachtung

Für die Sicherheit der Tiere will man ebenfalls besser sorgen - mit mehr Wächtern. Nachts soll der Tiergarten beleuchtet werden. Auf diese Weise könnten Vorfälle wie im letzten Jahr verhindert werden: Damals war ein Metzger nachts über den Zaun gestiegen und hatte zwei Kamele geschlachtet. Er wollte das Fleisch verkaufen. Der Mann wurde zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt.

Direktor Nabil Sedki hofft nun, dass der Kairoer Tierpark bald wieder mehr Anerkennung findet, auch bei internationalen Besuchern. Nüchtern und pragmatisch stellt er fest: "Es kann ja nur besser werden."

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