175 Jahre Berliner Zoo:Knut, Knautschke und Pandasex

Prominente Bewohner sind längst Kult, neue Pandas begrüßt auch mal die Kanzlerin. Deutschlands ältester Zoo feiert Geburtstag. Doch der Berliner Zoo hat auch dunkle Kapitel.

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Ob diese Robbe wohl schon an den Kuchen denkt? Wohl eher nicht. Dabei wird in Berlin am Donnerstag eine 175 Zentimeter große Geburtstagstorte serviert. Denn genau so alt wird Deutschlands ältester Zoologischer Garten am 1. August. Auch sonst hat der Zoo allerlei Außergewöhnliches zu bieten: Einst verzückte Eisbär Knut Berliner und Touristen, heute halten zwei Pandas und ihre Fortpflanzung die Hauptstadt in Atem. Die wechselvolle Geschichte des Zoos ist auch ein Spiegelbild der jeweiligen Gesellschaft.

German Chancellor Angela Merkel and Chinese President Xi Jinping attend a welcome ceremony for Chinese panda bears Meng Meng and Jiao Qing at the Zoo in Berlin

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Zoo-Chef Andreas Knieriem führt Besucher gern zur Panda-Anlage, der einzigen in Deutschland. Hier knabbern Meng Meng (Träumchen) und Jiao Quing (Schätzchen) seit zwei Jahren genüsslich Bambus in ihrem zehn Millionen Euro teuren Gehege im China-Look, zu dessen Eröffnung Kanzlerin Angela Merkel und der Staatspräsident von China, Xi Jinping, kamen. Die Schwierigkeiten beim Panda-Sex beschäftigen seitdem die Medien. Ein tierisches Geburtstagsgeschenk für den Zoo wäre Panda-Nachwuchs.

D/Leute/Jahreswechsel/2007/2008/Rubrik

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Doch die Pandas sind nicht die ersten Bären des Zoos, die es zu einiger Prominenz gebracht haben. Vier Jahre lang war Knut der wohl berühmteste Eisbär der Welt. Pfleger Tobias Dörflein (Foto) hatte das Eisbärbaby großgezogen, nachdem es seine Mutter nach der Geburt verstoßen hatte. Sigmar Gabriel übernahm die Patenschaft. An Versuchen, mit Knut Geld zu verdienen, mangelte es nicht: Von der Knut-Biographie bis zu Knut-Süßigkeiten. Als der inzwischen längst ausgewachsene Eisbär 2011 starb, herrschte Trauer in Berlin. Sein Fell bekam das Berliner Naturkundemuseum.

175 Jahre Berliner Zoo

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Mindestens ebenso berühmt wie Eisbär Knut ist unter älteren Berlinern ein Flusspferd. Nur 90 Tiere überlebten den Zweiten Weltkrieg im Zoo. Unter ihnen auch Knautschke. 1943 im Krieg geboren, starben seine Eltern bei Bombenangriffen. Die Berliner brachten das kleine Flusspferd mit Kohlköpfen und Kartoffelschalen durch die Hungerzeit und es avancierte zum Symbol für die ersten Jahre der Nachkriegszeit und den Durchhaltewillen Westberlins. Zuletzt fand ein Historiker heraus, dass das 1988 verstorbene Tier womöglich gar kein echter Berliner war, sondern ein Bayer. Der Berliner Rundfunk findet das nicht schlimm: Mit seiner Zugezogenen-Biografie passe Knautschke bestens in die Hauptstadt und sei vielleicht gerade deshalb ein echter Berliner.

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Noch ein paar Zahlen zum Zoo: Jährlich besuchen etwa vier Millionen Menschen die 28 000 Tiere. Das bringt satte Gewinne. Bereits seit dem 19. Jahrhundert ist der Zoo auch an der Börse notiert (1848 kostete die Aktie 100 Taler, heute liegt sie bei etwa 6500 Euro). Neben den vielen unterschiedlichen Tieren macht auch die Lage den Zoo so attraktiv: Mitten in der Hauptstadt belegt er mehr als 30 Hektar Flächen nahe der Gedächtniskirche. "Central Park Feeling" nennt Zoo-Chef Knieriem das stolz.

Springhase Mia im Berliner Zoo

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Das war nicht immer so: Die Anfänge des Zoos waren eher bescheiden. Nur 60 000 Besucher kamen im ersten Jahr. Der Tiergarten lag zunächst "janz weit draußen" vor den Stadttoren, öffentliche Verkehrsmittel gab es nicht. Wer in den Zoo wollte, musste weit laufen. Zudem war er ein Treffpunkt der Wohlhabenden, der Eintritt für viele unerschwinglich. 1848 führte der Zoo deshalb den billigen Sonntagnachmittag ein: Für arme Familien kostete es dann nur die Hälfte. Wer heute Tiere wie Springhase Mia sehen will, muss 15,50 Euro bezahlen.

Straußenhaus im Berliner Zoologischen Garten, ca. 1910

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Seinen Ursprung hat der Zoo in einer Menagerie und einer Fasanerie der Preußen-Könige Friedrich Wilhelm III. und Wilhelm IV. Daraus machten Martin Hinrich Lichtenstein, Direktor des Zoologischen Museums, der Naturforscher Alexander von Humboldt und der Landschaftsarchitekt Peter Joseph Lenne den "Zoologischen Garten bei Berlin". Im Laufe der Geschichte wuchs nicht nur die Zahl der Tiere, auch die Gehege wurden architektonisch immer raffinierter. Im Bild: Das 1910 errichtete Straußenhaus. Mit seinen Gebäuden mit Orient-Touch war der Berliner Zoo bald ein Hingucker.

Ludwg Heck mit Afrikanern in Berlin, 1931

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Doch es gibt auch dunkle Kapitel: Bis in die frühen 1930er Jahre zeigte der Berliner Zoo immer wieder auch Menschen. Die "Völkerschauen" mit Afrikanern oder Inuit bedienten die Sensationslust des Publikums und füllten die Kassen des Zoos, schreibt Historiker Clemens Maier-Wolthausen im Jubiläums-Buch "Hauptstadt der Tiere". Aufzeichnungen von damals zeigen, wie bedrückend die Schauen für die gezeigten Menschen waren. Einige erkrankten an Pocken. Sie waren nicht geimpft und starben. Erst vor wenigen Jahren stellte sich der Zoo vollständig seiner Vergangenheit. Der damalige Direktor Lutz Heck (im Bild mit Afrikanern in Berlin 1931) war nach den Recherchen Nazi und Antisemit: Der Zoo bereicherte sich in dieser Zeit am Verkauf der Anteile seiner jüdischen Aktionäre, beschäftigte Zwangsarbeiter und gewährte SS- und SA-Mitgliedern ermäßigten Eintritt.

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Auch für die Tiere, oft brutal auf anderen Kontinenten gefangen, war das Zooleben lange weniger schön. Der 1845 angekommene erste Löwe starb rasch an den Strapazen der monatelangen Reise aus Afrika. Viele Tiere fristeten anfangs ein trauriges Dasein ohne Artgenossen, Pflanzenfresser bekamen Fleisch. Heute bekommen alle Bewohner Futter serviert, das nach den jüngsten Erkenntnissen der Forschung zusammengestellt ist. Der Einkauf läuft, wenn möglich, regional. Dazu gibt es Impfungen und OPs. Internationale Zuchtbücher entscheiden darüber, welche Tiere sich vermehren, der Rest bekommt die Pille.

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Das Konzept - eingesperrte Tiere zum Angucken - gefällt dennoch nicht jedem. Direktor Knieriem kontert mit seiner Idee von Bildung: Ein Eisbär ist für ihn ein Botschafter für den Klimaschutz. Die niedlichen Jungen (Foto: Ein etwa fünf Wochen alter Leopardenjunge) werden auch nicht mehr mit der Flasche aufgezogen wie Knut. Manche sterben. Der Zoo will keine heile Märchenwelt mehr sein.

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Damit der Zoo noch weitere 175 Jahre besteht, will Knieriem weiter modernisieren. Im nächsten Jahr soll unter anderem ein Nashornhaus für 20 Millionen Euro gebaut werden, das gleichzeitig Tempel für den Artenschutz ist. An diesem Donnerstagmittag wird aber erstmal das Zoo-Jubiläum mit Kuchen eingeläutet. Am Wochenende gibt es dann längere Öffnungszeiten (175 Minuten mehr), ein klassisches Konzert und besondere Führungen rund um die Geschichte des Zoos.

© SZ.de/dpa/afis/che
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