Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:Der Zeitumstellung droht die Unendlichkeit

  • Es ist völlig unklar, ob die Zeitumstellung am 31. März die letzte sein wird, die in der Europäischen Union vollzogen wird.
  • Vieles deutet daraufhin, dass das Thema die Union noch länger beschäftigen wird.
  • Am Montag befasst sich der Verkehrsausschuss des Europaparlaments in Brüssel mit dem Thema.
  • Die Frage ist jedoch: Wie verhalten sich die Mitgliedsstaaten?

Von Karoline Meta Beisel

Die Zeit wird knapp. Nach dem Willen der EU-Kommission sollte die Uhr schon Ende des Monats zum letzten Mal auf die Sommerzeit umgestellt werden. "Das Uhr-Umstellen muss aufhören", sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, als er das Vorhaben im September präsentierte. An diesem Montag entscheidet im Europaparlament nun der Verkehrsausschuss. Es könnte gut sein, dass er tatsächlich den Weg für das Ende der Zeitumstellung freimachen wird. Und doch dürfte es noch mindestens zwei Jahre dauern, bis die Uhren dann wirklich nicht mehr umgestellt werden müssen - wenn es denn überhaupt jemals dazu kommt.

Das hat mit dem zu tun, was Jean-Claude Juncker damals noch zu dem Thema sagte: "Die Mitgliedstaaten sollten selbst entscheiden, ob ihre Bürger in der Sommer- oder der Winterzeit leben sollen." Damit stellte er eigentlich nur fest, was geltendes Recht ist: Die EU-Gesetze schreiben zwar vor, dass alle Mitgliedstaaten am selben Tag die Uhren im Frühling vor- und im Herbst wieder zurückstellen müssen. Nicht aber, welche Uhrzeit in den jeweiligen Ländern gelten soll. Das macht die Entscheidung, wie es nun weitergehen soll, für die Mitgliedstaaten viel schwieriger als für das Europaparlament: Die Abgeordneten müssen nur darüber befinden, ob die Uhr weiterhin umgestellt werden soll. Die Mitgliedstaaten zusätzlich auch darüber, ob sie in ewiger Sommer- oder doch lieber Winterzeit leben wollen.

Genau da fangen die Probleme an, denn einig sind sich die Länder nur darin, dass sie möglichst gemeinsam vorgehen sollten, um einen "Flickenteppich" aus unterschiedlichen und möglicherweise sogar neuen Zeitzonen zu vermeiden. Deutschland zum Beispiel würde gerne für immer in der Sommerzeit verharren. In Polen und in Spanien befeuert die Frage dagegen die Debatte, ob man nicht jetzt schon in der falschen Zeitzone lebt. Und dann gibt es noch Länder, vor allem solche aus Südeuropa, die am liebsten alles so lassen würden, wie es ist: "Aus Mangel an plausiblen Beweisen, was das Ende der Zeitumstellung für Vorteile hätte", wie es in einem Zwischenbericht des Europäischen Rats aus dem November heißt. Die Sache ist so kompliziert, dass die EU-Verkehrsminister feststellten, es werde mindestens noch bis 2021 dauern, bis man sich geeinigt habe.

Inzwischen erscheint aber nicht einmal das mehr sicher: Das Thema werde "zwischen den EU-Institutionen einen langsamen Tod sterben", prophezeit ein Diplomat. Das wäre vor allem für die Deutschen eine schlechte Nachricht: Bei der Bürgerbefragung unter 4,6 Millionen EU-Bürgern stimmten 84 Prozent der Befragten für das Ende der Zeitumstellung; unter den Teilnehmern waren drei Millionen Deutsche - was der Grund dafür sein dürfte, warum vor allem deutsche Abgeordnete wie Markus Ferber (CSU) vor der Abstimmung im Parlament Stimmung für die Abschaffung der Zeitumstellung machen: "Die europäischen Bürger haben uns einen Auftrag gegeben. Dem müssen wir ohne Verzögerung nachkommen." Sein Kollege Peter Liese (CDU) erzählt von einer Begegnung mit einem Wähler. Der habe ihm gesagt: "Wenn ihr das schafft, kommt die CDU wieder über 50 Prozent."

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SZ vom 04.03.2019/pvn
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