Polen:"Wir fürchten um ihre Gesundheit und auch um ihr Leben"

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Seit Samstag versuchen mehr als 30 Helfer aus Polen und der Slowakei, zwei eingeschlossene Höhlenforscher zu retten. (Foto: Reuters)
  • Seit Tagen versuchen mehr als 30 Retter aus Polen und der Slowakei, im Süden Polens zwei eingeschlossene Höhlenforscher zu bergen.
  • Die Männer waren bereits am vergangenen Donnerstag in das Höhlensystem Jaskinia Wielka Śnieżna in der Westtatra eingestiegen, um neue Gänge zu erkunden.

Von Florian Hassel, Danzig

Polen liebt Abenteurer - ob Polarforscher, Bergsteiger oder Höhlenforscher. Allein in Breslau gibt es mehrere Klubs von Höhlenforschern. Um ihrer Passion nachzugehen, reisen sie in den Kaukasus, nach Kirgisistan - oder ins Tatra-Gebirge im Süden Polens. Da lockt südwestlich des Bergkurortes Zakopane die Jaskinia Wielka Śnieżna - ein Höhlensystem, dessen verzweigte Gänge sich mindestens über 24 Kilometer erstrecken, mit Höhenunterschieden von 824 Metern.

Die Bedingungen sind anspruchsvoll, an manchen Stellen sind die Höhlengänge nur 30 bis 40 Zentimeter breit; vor allem nach Regenfällen kann der Wasserstand plötzlich steigen. Und so ist die Höhle auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach der ersten Expediton 1963 nicht vollständig erforscht.

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Am Donnerstagabend vergangener Woche stiegen sechs erfahrene Höhlenforscher aus Breslau in die für Touristen gesperrte Höhle, um neue Gänge zu erforschen. "Sie waren sehr gut für eine solche Exploration vorbereitet", sagte Jan Krzysztof, Chef der Tatra-Bergwacht (TOPR), polnischen Medien. Doch die Mission scheiterte: Seit Samstag versuchen mehr als 30 Helfer aus Polen und der Slowakei, zwei eingeschlossene Höhlenforscher zu retten. Deren Namen werden von den Behörden nicht veröffentlicht.

Die Zeit drängt

Die Forschungsmission wurde zur möglichen Katastrophe, als zwei der Höhlenforscher einen halben Kilometer vom Einstieg entfernt durch einen bisher unerkannten Gang krochen. Als sie zurückkehren wollten, hatte ihnen Wasser den Rückweg versperrt, wie sie ihren zurückgebliebenen Kollegen zuriefen. Die kehrten an die Oberfläche zurück und alarmierten die Bergwacht.

Seit Samstag versuchen die Retter, darunter zwölf Sprengstoffexperten, sich zu den feststeckenden Höhlenforschern vorzuarbeiten. Die Zeit drängt: In der Höhle ist es vier Grad kalt, und die feststeckenden Forscher haben nur leichte Rettungsfolien dabei, die die Körperwärme halten. "Wir fürchten um ihre Gesundheit und auch um ihr Leben", sagte TOPR-Chef Krzysztof schon am Sonntag - und fügte hinzu, die Rettungsaktion werde Tage oder auch eine Woche dauern.

Die Retter erkunden die vor ihnen liegenden Gänge etwa mit Hilfe einer ferngesteuerten Spezialkamera, die sie bis zu 15 Meter vorausschicken können. Seit Sonntag erweitern sie Gänge mit kleinen Sprengladungen. Das Ziel: von einem erforschten Teil des Höhlensystems zum mutmaßlichen Ort der feststeckenden Forscher vorzudringen und sie auf Tragen zurück an die Oberfläche zu bringen. Doch abgesehen von Klopfzeichen am Sonntag gibt es keinen Kontakt zu den Eingeschlossenen, so Krzysztof am Dienstag.

Die Aktion zieht sich in die Länge, weil die Retter vor Sprengungen sichergehen müssen, dass sich keine explosiven Gase gebildet haben - und später Geröll abtransportieren und frische Luft nach unten pumpen müssen. In der Nacht zum Dienstag etwa kamen die Retter so nur etwa fünf Meter voran.

Die Erforschung der 650 bisher bekannten Tatra-Höhlen ist risikoreich: Als Erster starb 1966 der Forscher Romuald Lebecki. Und allein in der Jaskinia-Wielka-Śnieżna-Höhle verloren bereits fünf Forscher ihr Leben, schilderte Apolonius Rajwa, ein Veteran der Tatra-Höhlenforschung, im Fernsehsender TVN. Im Mai 1970 etwa, einige Jahre nach Beginn der ersten Expedition, wurde der Höhlenforscher Witold Szywała trotz des Einsatzes von 43 Rettern schließlich nur tot aus der Höhle geborgen. Zuletzt starb im November 2001 der Höhenforscher Waldemar Mucha, der von einem herabfallenden Stein tödlich getroffen wurde.

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