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Yakuza-Gruppen in Japan:Wir stellen ein: Mafia-Mitglied

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Illegale Wettbüros, Wucherkredite, Rotlicht-Dienste: Die japanische Mafia verdient viel Geld und ist hervorragend vernetzt. Trotzdem hat sie ein Problem: Ihr gehen die Mitglieder aus. Diese Krise bekämpft die Organisation mit einer PR-Offensive - inklusive neuer Website.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Vor 50 Jahren soll die Yakuza, wie sich die japanische Mafia nennt, noch 180000 Mitglieder gehabt haben. Vor acht Jahren immerhin noch 90000. Jetzt gehören laut neuesten Zählungen der japanischen Polizei nur noch 60000 zur Yakuza. Es herrscht Krisenstimmung bei der japanischen Mafia. Ihre größte Gruppe, die Yamaguchi-Gumi, bekämpft diese Krise nun mit einer PR-Offensive, in der sie ihre Werte und Ziele vorstellt: Reinheit und Nationalismus. Und sie tut das ganz zeitgemäß, auf einer neuen Website nämlich.

Organisierte Kriminalität im Licht der Öffentlichkeit

Anders als die italienische oder amerikanische Mafia versteckt sich die Yakuza nicht. Ihre Mitglieder sitzen in offiziellen Büros, gehen gerne öffentlich essen und haben sogar eigene Visitenkarten. Mit der bloßen Mitgliedschaft in einer Yakuza-Gruppe verstößt man nicht gegen das Gesetz.

Das wird sich wohl auch in Zukunft nicht ändern - die Kriminellen sind gut mit der Politik vernetzt. Zwar mussten in den letzten Jahren einige Minister zurücktreten, weil ihre Freundschaften zu den Verbrechern zu eng wurden. So verfügte ein Minister über einen Bruder in der Spitze einer Yakuza-Gruppe - der Politiker musste gehen.

Bisher ohne Konsequenzen jedoch blieb ein Foto, das Premier Shinzo Abe mit Ichu Nagamoto zeigt, einem führenden Mitglied der Yamaguchi-Gumi. Der Premier behauptet, er kenne den Mann nicht. Das reicht. Interessant ist aber, dass der Großvater des Politikers, Nobosuke Kishi, im Jahr 1960 als Ministerpräsident 28000 Yakuza nachweislich mobilisierte, damit diese eine antiamerikanische Demo niederknüppelten.

Als letzte der 48 japanischen Präfekturen führte vor zwei Jahren auch Tokio eine Bestimmung ein, wonach sich jeder strafbar macht, der mit einem Yakuza Geschäfte macht. Seither müssen zum Beispiel Banken ihren Yakuza-Kunden die Konten kündigen oder die Kreditkarten sperren.

Profite im Legalen

Dennoch unterhalten die Yakuza bis heute viele illegale Wettbüros - den größten Teil ihrer Profite machen sie mit Wucherkrediten und Rotlicht-Diensten. Zudem expandieren sie in die legale Wirtschaft. Sie spekulieren an der Börse und könnten dort auch Geld waschen. Sie handeln mit Immobilien und betreiben legale Arbeitsvermittlungen. Und in Japans Kernkraftwerken, auch in der Ruine von Fukushima I, machen oft die von Yakuza-Firmen in diese Jobs gezwungenen Männer die gefährlichsten Jobs. Tepco und die anderen AKW-Betreiber wissen davon angeblich nichts.

Die neue Website gibt ihre wahre Bestimmung erst auf den zweiten Blick preis. Beworben wird zunächst eine "Liga zur Bekämpfung von Drogen", einst eine Gründung der Yamaguchi-Gumi. Doch die Liga war seit Jahren inaktiv, nicht zuletzt, weil die Yakuza angeblich selber mit Drogen handelte.

Daneben gibt die Gruppe vor, zu ihren hehren Anfängen zurückkehren zu wollen. Beschworen wird der Ehrenkodex, laut dem sich die Yakuza besonders für Schwache einsetzt.

Auch wird behauptet, dass die Hilfe nach dem großen Erdbeben von der Yakuza besonders effizient organisiert worden sei. Und natürlich wird den Ausländern die Schuld an Übeln wie Korruption, Verbrechen und Drogen in die Schuhe geschoben. Aber das zu sagen ist längst salonfähig in Japan.

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Quelle:
SZ vom 09.04.2014/cam
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