Wonder Woman:Mal schnell die Welt retten

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(Foto: Picture Alliance)

Die Vereinten Nationen wollen eine Comicfigur offiziell zur UN-Botschafterin für Frauen und Mädchen ernennen. Ihre Superkräfte könnten "Wonder Woman" helfen. Mit Interviews aber düfte es schwierig werden.

Von Friederike Zoe Grasshoff

Kunstfiguren haben's gut. Immer schön im Kokon der Fiktion geborgen, nie raus in die Wirklichkeit, in der es ja so etwas wie Geburtstage oder nicht zu beeinflussende Katastrophen geben soll. Nun ist die Welt aber manchmal so ungerecht, so trist, dass es Wunder braucht. Retter und Helden, pardon, RetterInnen und HeldInnen. Und "Wonder Woman". Seit 1941 fliegt sie meist mit Lasso, Tiara und Korsage durch Comics wie Popkultur, rettet, ballert, kämpft. Nun aber mal runterkommen, Fräulein, runter in die Realität. Dies ist ein Befehl, und zwar einer, der von den Vereinten Nationen (UN) kommt.

Wenn die Comic-Heldin am 21. Oktober 75 Jahre alt wird, soll sie in New York offiziell zur UN-Botschafterin für Frauen und Mädchen ernannt werden; in Anwesenheit von Generalsekretär Ban Ki-moon und anderen prominenten Gästen. Wonder Woman, dieses Mischwesen aus Prinzessin und amerikanisierter Amazone, bietet sich da aber nicht nur an, weil sie Superkräfte und einen echt ansehnlichen Trizeps hat, nein, sie ist ja neuerdings auch noch bisexuell. Will sagen: besonders vielfältig. Comicautor Greg Rucka hatte kürzlich in einem Interview gesagt, dass sie dem Weiblichen keinesfalls abgeneigt sei, schließlich sei sie ja eine Amazone. 2017 kommt diese sehr vielfältige Projektionsfigur auch ins Kino, gespielt wird die Überfrau von der Israelin Gal Gadot.

1941 wurde Wonder Woman von Bondage-Fan William Moulton Marston und seiner Frau Elizabeth Holloway Marston als erste Superheldin überhaupt in die Welt entsandt, mitsamt überdimensionierten Armbändern. War ja auch damals schon Zeit für einen weiblichen Gewinnertypen. Im Laufe der Jahre trug die Figur des DC-Comic-Verlags mal Korsage, mal Minirock, mal war sie allwissend, mal nicht so - immer aber war sie: stark.

Und wer soll sonst auf so starke beziehungsweise erfolgreiche UN-Sonderbotschafterinnen wie Angelina Jolie oder Emma Watson folgen? Größer als Wonder Woman geht ja eigentlich nicht. Schade nur, dass die Kunstfigur qua Kunstfiguren-Dasein nicht persönlich an der offiziellen Kundgebung wird teilnehmen können. Auch mit Auslandsreisen, Pressekonferenzen und Interviews dürfte es schwierig werden, wenn man ihren Mythos nicht komplett zerstören will. Wie die New York Times berichtet, soll sie vor allem in sozialen Medien auf genderbasierte Gewalt und die Stärkung der Frauen im öffentlichen Leben aufmerksam machen.

Wie es die Ironie des Schicksals will, sieht es mit der Stärkung der Frauen in der UN selbst nicht ganz so wunderbar aus; noch nie stand eine Frau an deren Spitze. Erst letzte Woche wurde bekannt, dass der Portugiese António Guterres Ban Ki Moon nachfolgen soll. Und es war nicht so, als hätte es an Bewerbungen von Frauen gemangelt. Hätte Wonder Woman Internationale Beziehungen studiert oder wäre endlich mal zu uns runter in die Realität geschwebt, wäre das bestimmt anders ausgegangen.

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