Süddeutsche Zeitung

Wohlhabendes Bistum Köln:Zeit für Umkehr und Einsicht

Das Erzbistum Köln ist nicht obszön reich, sondern solide finanziert. Das Problem liegt woanders: Die Kirchen nutzen ihr Vermögen nicht, um bei den Armen zu sein, wie der Papst es fordert.

Kommentar von Matthias Drobinski

Das Erzbistum Köln, das angeblich reichste Bistum der Welt, hat erstmals einen detaillierten Finanzbericht vorgelegt - am Aschermittwoch, dem Tag der Umkehr und der Einsicht, dass alles Weltliche vergänglich ist. Man kann nun bemängeln, dass dort immer noch die Zahlen aus den Kirchengemeinden fehlen. Man kann auch streiten, ob der dort angegebene Immobilienwert wirklich den Wert der Immobilien wiedergibt, auch wenn das Verfahren den Regeln der Bilanzbuchhaltung entspricht. Man kann auch darauf hinweisen, dass erst der Skandal um den Limburger Bischof Tebartz-van Elst die Kirche zur Transparenz trieb, und dass die Kölner auch nicht die ersten sind, die das tun. Trotzdem ist diese Bilanz ein richtiger und mutiger Schritt.

Er ist mutig, weil die Veröffentlichung jene befeuert, die Kirchenbesitz generell böse finden: Mehr als drei Milliarden Euro - Pfui! Verkauft den Dom, lasst die Pfaffen darben! Doch egal, wie groß der Shitstorm im Netz sein mag: Dieser Schritt ist notwendig, weil nur die größtmögliche Transparenz das Vertrauen wiederbringen wird, das da durch den Tebartz-Skandal in Scherben fiel. Denn nüchtern betrachtet bedeuten diese drei Milliarden Euro Bilanzsumme: Das Erzbistum Köln ist solide und sicher finanziert, es ist wohlhabend und langfristig abgesichert.

Aber es ist nicht obszön reich. Es zahlt Gehälter und sichert Pensionen, renoviert Gebäude, finanziert die Gemeindearbeit für mehr als zwei Millionen Katholiken. Reichtum ist etwas anderes: Die Familie Quandt soll 31 Milliarden Euro besitzen, zehn mal so viel wie das Erzbistum Köln.

Die Steine und den Marmor vergangener Jahrhunderte sichern

Die 3,35 Milliarden Euro Gesamtbesitz sind nicht das ethische Problem des Erzbistums - auch nicht die Steine und der Marmor vergangener Jahrhunderte. Das Problem ist, dass die Kirchen - evangelisch wie katholisch - ihr Vermögen immer noch vor allem nutzen, um den eigenen Bestand zu sichern. Sie nutzen es aber immer noch zu wenig, um über den Erhalt und den Betrieb der Institution hinaus an die Ränder zu gehen und bei den Armen zu sein, wie das Papst Franziskus fordert.

Das Erzbistum Köln zum Beispiel hat, dem Dom direkt gegenüber gelegen, ein Gebäude in schönster Lage gekauft. Bedingung war damals, 1991, dass die Kirche auch die Besitzgesellschaft in den Niederlanden erwarb, damit die Immobilienfirma Steuern in Millionenhöhe sparte. Alles war ganz legal, und inzwischen wird in dem Haus beim Dom gute Arbeit gemacht. Aber muss die Kirche anderen beim Steuertricksen helfen?

Muss sie bei ihren Immobilien an Mieteinnahmen herausholen, was herauszuholen ist? Wo investiert sie - in die Energiewende in den Gemeinden, in Beispiele anderen, sozialverträglichen Wirtschaftens? Ja, für alles dies gibt es Beispiele in den Kirchen. Sie sind aber bislang eher Beiwerk zur ansonsten mündelsicheren Geldanlage und nicht der Maßstab, an dem sich der Umgang der Kirchen mit dem Geld messen würde.

Hier wäre jene Umkehr nötig, an die der Aschermittwoch erinnert.

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SZ vom 19.02.2015/dayk
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